messi1987 schrieb: Was arbeitest du da so, wenn ich fragen darf? Weil es heißt ja immer in Spanien gibt es gar keine Arbeit und man solle auf keinen Fall dahin auswandern, weil man dann auf der Straße sitzen würde!
Zur Zeit lebe ich nach wie vor von meinem Ersparten.

Jobs gibt es für Leute mit Sprachkenntnissen (Touristenbranche) nicht mal so wenige. Nur sind viele Einheimische nicht soo stark in Fremdsprachen. Da hier alle Spanisch und Katalanisch lernen sind die Englischkenntnisse meist nicht so ausgeprägt. Deutsch lernt hier auch praktisch niemand, Kenntnisse in dieser Sprache sind also gold wert. Mal sehen.
Barça - mehr als ein Verein?
So, aber ich wollte eigentlich aus gegebenem Anlass hier im Forum auf einen anderen Punkt eingehen. Die allgemeine Entwicklung des Vereins nämlich. Dazu will ich euch die Meinung von dem bereits erwähnten Fan dazu schildern.
Kurz zu seiner Person. Das ist einer der Professoren auf meiner Schule. er macht vor allem Führungen durch Barcelona, allerdings nicht zu Touristenattraktionen sondern zu Orten und Bezirken im "echten" Barcelona und unterrichtet dabei Geschichte und Kultur Kataloniens und Barcelonas. Er ist selber Barçafan. Und Mitglied. Und hat einen Sitz im Camp Nou. Und scheinbar noch vieles mehr.

Das was ihn so glaubwürdig macht ist aber mehr, dass er mit dem nicht irgendwie hausieren geht. Ich habe das alles nach und nach und eher zufällig mitbekommen. Er beantwortet gerne Fragen in seiner Funktion als Lehrer, aber er erzählt nicht von sich auch "Ich bin Barçamitglied und habe meinen eigenen Platz im Stadion, cool was?". Also er kennt sich sehr, sehr gut aus und es ist extrem interessant, sich mit ihm zu unterhalten über Barça. Über die Kultur und Geschichte auch, aber jetzt gehts um Barça.
Ich habe mich oft und lange mit ihm über unseren Club unterhalten. Was ich jetzt hier schreibe ist sowas wie die Meinung von ihm, die sich vollumfänglich mit meiner deckt. Daher die gelegentlichen Wechsel in die "Ich-Perstektive", die mir unterlaufen sind.
Die Veränderung von Barça hat 2010 angefangen, als Rosell das Ruder übernahm. Da hat der Verein angefangen, sich von "mehr als ein Verein" zu "so etwas wie ein Verein" zu entwickeln. Die Führung unter Rosell (auch jetzt unter Barto) führt den Verein wie ein Unternehmen, nicht wie ein Verein und schon gar nicht wie etwas was sich als "mehr als ein Verein" bezeichnen könnte. Der Fokus wurde stehts auf wirtschaftlichen Erfolg gelegt und irgendwelche Werte, die diesem wirtschaftlichen Erfolg im Weg stehen, wurden bereitwillig geopfert.
Das hat mit dem Wechsel im Vorstand zu tun. Rosell hat die Leute vornehmlich aus einer Quelle geholt: Wirtschaft. Es ging bei seinem Auswahlverfahren nie darum, dass die Leute Katalonien verstehen oder lieben, dass sie Barça verstehen oder lieben, dass sie irgendwelche Werte kennen oder verstehen. Sie sollten nur ihr Geschäft beherrschen und da viele Leute in der Rosell Führung absolventen einer bestimmten wirtschaftlichen Schule sind (der Name der Schule, den ich vergessen habe, wird umgangssprachlich auch als abwertendes adjektiv für einen "herzlosen Wirtschaftsmogul" verwendet), haben deren Wertvorstellungen auch kaum etwas mit denen Gemeinsam, die Barça zu dem gemacht haben was es war: mehr als ein Verein.
Barça war ein Symbol Katalonien. In dieser Funktion wollte und musste Barça Werte leben und vermitteln, Vorbildfunktionen erfüllen und soziale Ansprüche haben, die weit über den Fussball hinaus gehen. Man war mehr als ein Verein. Da aber einige der Führungsmitglieder (einige von denen hat mein Barçafan Professor persönlich kennen gelernt) nicht einmal Katalanisch sprechen, geschweige denn irgendetwas auf die Kultur oder Barças Status darin geben, können sie auch nicht verstehen wieso Barça ein Symbol für Katalonien ist. Vielleicht ist es ihnen auch schlicht egal. Das entscheidende ist: Wenn Barça nicht als Symbol, als mehr als ein Klub, verstanden wird, dann gibt es auch keinen Grund irgendwelche Werte oder Prinzipien zu leben, die dem wirtschaftlichen Erfolg im Weg stehen.
Alles was wir seit dem Erlebt haben, ich will jetzt nicht nochmal alles aufzählen, es ist einfach zu viel, ist Ergebnis dieses Umdenkens. Dieses Wechsels im Selbstverständnis Barças. Wir waren mehr als ein Verein, sind es aber nicht mehr wirklich und sind vor allem auf dem Weg dazu uns noch weiter davon zu entfernen.
Der Fan Professor hat es mal so formuliert: "Wenn du Barça führen willst, musst du nicht Separatist oder etwas dergleichen sein, aber du musst Katalonien lieben." All die anderen Werte basieren auf diesem Grundsatz. Soll Barça mehr als ein Verein sein und entsprechende Werte vermitteln, oder nicht? Die Frage ist nun was uns, den Fans, wichtiger ist. Wollen wir wirtschaftlichen Erfolg um jeden Preis oder wollen wir, dass Barça mehr als nur ein Club ist? Der wirtschaftliche Teil wird da selbstverständlich keineswegs ignoriert, das wäre im modernen Fussball Schwachsinn. Es geht nur darum mal das richtige Mass zu finden. Eine Entscheidung mal aus zwei Blickwinkeln zu betrachten. Es braucht nicht viel, aber es braucht wieder ein Umdenken. Unter Barto und Co erwarte ich dieses Umdenken nicht.