Brennpunkte | Statische Offensive, Setiéns seltsame Startelf und ein unsicherer Firpo

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Mit einem 1:1-Remis sicherte sich der FC Barcelona in Neapel eine gute Ausgangsposition für das Rückspiel in der Champions League. Allerdings muss sich Linksverteidiger Junior Firpo bis dahin stabilisieren. Aufgrund des statischen Offensiv- und eines schlechten Positionsspiels tat sich Barça lange schwer. Auch Quique Setiéns Aufstellung half dabei nicht. Die Brennpunkte.

Statisches Offensivspiel Barcelonas

Betrachtet man die erste Spielhälfte gegen den SSC Neapel, konnte sich der FC Barcelona nicht eine wirklich klare Torchance erarbeiten. Die Blicke der Spieler und mitunter auch der Blick von Trainer Quique Setién wirkten uninspiriert, ideenlos, teilweise gar verzweifelt – gegen die tiefstehenden Italiener schien das katalanische Starensemble keine Wege zu finden, um Torchancen herauszuarbeiten.

Doch woran genau lag diese Chancenarmut? Man hatte immerhin mit Lionel Messi und Antoine Griezmann zwei Stürmer von Weltklasse-Format auf dem Platz. Das größte Problem im katalanischen Angriffsspiel war die fehlende Statik und ein sehr dürftiges Positionsspiel. Zugegeben, der SSC Neapel stand auch extrem tief und es ist bekannt, dass es dann umso schwieriger wird, Torchancen zu kreieren.

Dennoch war das taktisch einfach zu wenig von Barça – in der Offensive standen die Spieler teilweise zu eng beieinander. Betrachtet man die realtaktische Aufstellung, sieht man, dass sich Messi, Ivan Rakitic, Arturo Vidal und Nelson Semedo im rechten Halbraum quasi auf den Füßen standen. Auf der linken Seite waren es mit Júnior Firpo, Griezmann und Frenkie de Jong immerhin nur drei Spieler. Der Neuner- und Zehnerraum wurde dabei kaum besetzt. 

Bild von iOS

Schlechtes Positionsspiel: Rakitic (Nummer 4), Semedo (2) und Vidal (22) besetzen alle den rechten Halbraum, auch Messi (10) zieht es naturgemäß in diesen Bereich. Zehnerraum und Sturmzentrum sind derweil unbesetzt. Bild: Sofascore

So ergab sich meistens folgendes Bild: Gerard Piqué, Sergio Busquets und Samuel Umtiti bauten das Spiel auf – de Jong, Vidal, Griezmann, sowie teilweise auch Messi und die beiden Außenverteidiger standen auf Höhe der Abseitslinie. Messi versuchte zwar noch hier und da, sich zwischen den Linien anzubieten – jedoch überwiegend erfolglos. 

Ein weiterer Punkt, der es dem SSC Neapel im Defensivspiel einfach machte, war Barças fehlende Breite im letzten Drittel. Die nominellen Flügelstürmer Griezmann und Vidal rückten oftmals ein und die beiden Außenverteidiger rückten nicht mutig nach vorne bzw. blieben meist sogar im Halbraum stehen. So konnten die Italiener in Ruhe Verschieben – und auch die Wege waren so kürzer. Auch Tiefenläufe der beiden Außenverteidiger suchte man bis auf Semedos Lauf vor dem Ausgleichstreffer vergebens. 

Unsicherheitsfaktor Firpo 

Aufgrund einer Adduktorenverletztung fehlt Barças etatmäßiger Linksverteidiger Jordi Alba derzeit – die Chance für den jungen Firpo, auf sich aufmerksam zu machen. Doch statt voller Tatendrang zu sein und einen mutigen Auftritt in der Champions League hinzulegen, wirkte der Spanier gehemmt und extrem unsicher. Bereits im Dezember des vergangenen Jahres merkte Firpo auf einer Pressekonferenz an, dass es ihm an Selbstvertrauen fehlt – gefunden hat er es offenbar immer noch nicht. 

Die Katalanen werden neidisch nach Bayern blicken, wo sich beim FC Bayern München derzeit ein 19-jähriger Kanadier auf der für ihn ungewohnten Linksverteidiger-Position ins Rampenlicht spielt. Auch gegen den FC Chelsea legte Alphonso Davies wieder einen überragenden Auftritt inklusive Torvorlage hin. Genau diesen Mut und diese Spielfreude strahlte Firpo bei Real Betis oftmals aus und es hatte auch gute Gründe, warum die Blaugrana bei ihm zuschlugen. 

Allerdings liefert der U-21-Nationalspieler derzeit wenig Argumente, langfristig Jordi Alba zu beerben. Doch woran liegt die Unsicherheit Firpos? Einerseits muss angemerkt werden, dass der 23-jährige Linksfuß seine besten Spiele bei Real Betis als Schienenspieler in einer Dreier- bzw. Fünferkette hatte. Seine Stärken liegen also eindeutig in der Offensive und der Umstellungsprozess auf die katalanische Viererkette scheint noch anzudauern. 

Ein weiteres Problem, das bei Firpo ins Gewicht fallen könnte, ist die Unsicherheit seiner Nebenleute. Während Davies sich bei den Bayern auf David Alaba und den Rest der Viererkette verlassen kann, scheint Firpo kaum Hilfe seiner Nebenleute zu erhalten. Weder Piqué, der durch sein völlig undisponiertes Herausrücken vor dem Gegentor Firpo erst in Bedrängnis brachte, noch Umtiti oder Lenglet können Firpo derzeit die dringend benötigte Sicherheit geben. 

Teilweise wirkt es gegen den SSC Neapel so, als würde die Abstimmung in der Viererkette gänzlich fehlen. Einfache Mechanismen wie beispielsweise das Herausrücken des Ballnächsten und die Sicherung dessen Deckungsschatten scheinen nicht zu funktionieren. Auch die Abstände zwischen der Viererkette sind meist viel zu groß und so können die Lücken entsprechend bespielt werden. Klar, Firpo zeigte kein gutes Spiel – aber er erhält auch wenig Unterstützung – dies ist auch auf Quique Setién bezogen, der bei Firpo jetzt mehr als Mentaltrainer denn als Fußballtrainer gefordet ist. 

 

Setiéns merkwürdige Anfangself

Trotz der schwachen Vorstellung sind die Chancen der Katalanen gut, das Weiterkommen im Rückspiel perfekt zu machen. Ein 1:1 in der Fremde ist für den FC Barcelona eine gute Voraussetzung – ist man im Camp Nou traditionell zwei Klassen stärker als bei Auswärtsspielen.  

Was ebenfalls zum ratlosen Angriffsspiel der Blaugrana beitrug, war die Aufstellung Setiéns: Vidal als Rechtsaußen aufzustellen verpuffte völlig, dem Chilenen fehlen für diese Rolle die wichtigen Kernkompetenzen Schnelligkeit, Kreativität und Dribbelstärke – als Flügelspieler ist der Chilene völlig verschenkt. 

Auch Rakitic’ Hereinnahme in die Startelf entpuppte sich als Fehler. Gegen einen dermaßen defensiven und passiven Gegner ist der Kroate keine große Hilfe (mehr). So nahm Setién in Durchgang zwei zumindest eine Korrektur vor: Für den schwachen Rakitic brachte der Coach bereits in der 56. Minute den Brasilianer Arthur. Auch wenn er nicht ganz so stark in Erscheinung treten konnte, wie man es von ihm gewohnt ist, gab der Brasilianer der Mannschaft durch seine Pressingresistenz und Passstärke eine gewisse Sicherheit, die sofort spürbar war. 

Setién war also durchaus bereit, seinen Matchplan zu korrigieren – wenn auch sehr konservativ. Es wäre sicherlich kein Fehler gewesen, rund eine halbe Stunde vor dem Schlusspfiff ein weiteres Mal zu reagieren und Ansu Fati für Vidal zu bringen. Dazu fehlte dem katalanischen Übungsleiter wohl der Mut. Setién erklärte nach dem Spiel durchaus selbstkritisch: “Vielleicht hätte ich Ansu Fati früher einwechseln können. Wir haben den richtigen Moment für den Wechsel nicht gefunden.” 

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