Kommentar: Neymar bei Barça

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Bildquelle: fcbarcelona.com

Mit gemischten Gefühlen wurde die Ankunft von Neymar in Barcelona am Montag erwartet. Für 57 Mio. Euro wechselt Neymar zu den Katalanen, eine stattliche Summe für ein Talent, dem das Flair eines Superstars anhaftet. Die Sorgen kreisen um die Frage, wie sich Neymar in das Kollektiv des FC Barcelona einfügen wird. Kommt mit Neymar ein Spieler mit dem Selbstverständnis eines Stars, der ebenso wie Lionel Messi nur mit Pflichten in der Vorwärtsbewegung behaftet werden möchte? Die gestrige Pressekonferenz war diesbezüglich reichhaltig an Antworten und zeichnete ein gegenteiliges Bild von Neymar. Fast demütig blickt er in die Zukunft, die für ihn ein Zusammenspiel mit Xavi, Iniesta und Messi bereithält. Messi sei für ihn der beste Spieler der Welt und er werde alles Erforderliche dafür tun, dass dies auch weiterhin so bleibt. Der Ballon d’Or interessiere ihn nicht, es gehe ihm ausschließlich darum, die Fans glücklich zu machen und guten Fußball zu zelebrieren.

Die erste Hürde hat Neymar damit bravourös gemeistert und uns um einige Sorgenfalten erleichtert. Er wirkt lernbegierig und nicht wie ein Spieler, der sein fußballerisches Umfeld um seine Person aufgebaut haben möchte. Zwei Akteure mit Sonderrechten könnte der FC Barcelona nicht verkraften, hieß es im Vorfeld. Und wenn man dem ersten Eindruck Glauben schenken mag, wird der Mannschaft keine weitere Bürde in der Rückwärtsbewegung aufgetragen. Neymar scheint bereit zu sein, genau das zu tun, was der Trainer von ihm verlangt, sodass in dieser Hinsicht weniger Konfliktpotenzial vorhanden zu sein scheint als bisweilen vermutet.

Eine weitere Unwägbarkeit betrifft Neymars Leistungsfähigkeit auf dem europäischen Kontinent. In Brasilien hat der 21-jährige Stürmer beeindruckende Spiele und statistische Werte vorzuweisen, die ihn jenseits des Atlantischen Ozeans zu einem gefeierten Star gemacht haben. Wird Neymar auch in Europa in dieser Art und Weise auftrumpfen können und zu einem der besten Spieler der Welt heranreifen? Es hält sich hartnäckig die Meinung, dass Neymar Probleme bekommen könnte, seinen Fußballstil in Europa zu etablieren. In seiner Heimat hätte Neymar sehr viel Zeit und Raum zur Verfügung gehabt, sein Spiel durchzusetzen. In Europa könnte das angesichts der stark verengten Räume und einem geringen Zeithorizont – zumindest auf internationalem Niveau – anders aussehen. Es wurden Analogien zu dem Brasilianer Robinho bemüht, der über seinen Talentstatus nicht hinauskam und in Relation zu den Erwartungen an seine Person ein eher trauriges Dasein stiftet. Doch ist ein solcher Vergleich fair?

Mitnichten, möchte ich meinen. Zunächst einmal handelt es sich bei Neymar und Robinho und zwei völlig unterschiedliche Menschen und Fußballer, sodass bereits aus diesem Grund einer Vergleichbarkeit der Nährboden entzogen ist. Sieht man mit Blick auf die Leistungsunterschiede zwischen brasilianischer Liga und den europäischen Spielklassen dennoch die Gefahr einer parallelen Entwicklung, so ist auf die Eigentümlichkeiten von Neymars Spielweise hinzuweisen. Seine Begabung am Ball ist über jeden Zweifel erhaben und es gibt nicht viele Spieler auf diesem Planeten, die über eine solche Spielintelligenz verfügen. Mit gemessenen 34,7 km/h im letzten Spiel gegen Sao Paolo gehört Neymar auch nicht gerade zu den langsamen Spielern, was seine vertikalen Neigungen erklärt – er nutzt seine physiologischen Möglichkeiten auf dem Platz aus. 

Entscheidend ist aber seine Fähigkeit, durch die Interaktion mit seinen Mitspielern komplexe Spielsituationen aufzulösen. Ich bin mir sicher, dass ein tragender Beweggrund für Neymars Wechsel zu Barça die Tatsache war, dass er dort Spieler vorfindet, mit denen er sein Spiel auf eine neue Ebene befördern und seine Qualitäten vollends zur Geltung bringen kann. Das Bemühen um anspruchsvolle Spiellösungen vor dem gegnerischen Tor kommt Neymars Eigenheiten entgegen und fördert sein unbestritten vorhandenes räumliches Denkvermögen. Und der FC Barcelona erhält mit Neymar einen weiteren Spieler, der den Ball auf engstem Raum behaupten kann und den vorhandenen Spielern ein mehr als nur ebenbürtiges Äquivalent ist. Wie auch immer der Gegner heißen mag, Neymar kann ihn – vor allem im Zusammenspiel mit seinen Mitspielern – vor eine unlösbare Aufgabe stellen, dessen bin ich mir sicher.

In Anbetracht dieser tollen Merkmale ist nur schwer von einem Scheitern des Spielers auszugehen. Wahrscheinlicher ist, dass er sich dank seiner Fähigkeiten in diesem konkreten Umfeld schneller zurechtfindet als andere Spieler, wenngleich man in den ersten Wochen mit ihm nicht allzu streng ins Gericht gehen sollte. Aber nur ein gelungener Spielzug, ein gelungenes Zusammenspiel mit Messi und Co. könnte den Knoten zum Platzen bringen und Neymars Talent entfesseln. Warten wir es ab.

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