Sergio Busquets – Das verkannte Genie

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Bildquelle: fcbarcelona.com

Und der Sieger des Ballon d’Or 2013 heißt Sergio Busquets. So schön diese Schlagzeile auch klingen mag, sie wird uns für immer verwehrt bleiben. Als defensiver Mittelfeldstratege steht Busquets nur selten im Fokus der Aufmerksamkeit, nur die Fußballfeinschmecker können sich an seinem Spiel erfreuen wie an einem Hattrick von Lionel Messi. Davon gibt es zu seinem Leidwesen nur sehr wenige, wie die gestrige Veranstaltung einmal mehr zum Vorschein brachte. Auf Sergio Busquets entfielen nur 0,2% aller abgegebenen Stimmen, was einem bescheidenen 20. Rank entspricht. Ärgerlicher mutet aber die Tatsache an, dass er in der Weltmannschaft des Jahres 2012 nicht einmal vertreten war und sich im Mittelfeld Xabi Alonso geschlagen geben musste. Diese Entscheidung ist angesichts des Triumphs in La Liga sowie seiner guten EM sicherlich vertretbar, dennoch wird Sergio Busquets für seine Leistungen immer noch zu wenig Anerkennung zuteil. Auch unter den Spielern hat sich seine Bedeutung für den Erfolg des FC Barcelona dem Anschein nach noch nicht herumgesprochen. Das ist recht schade, über den besten Fußballer der Welt können Kontroversen bestehen, der beste defensive Mittelfeldakteur der Welt hingegen steht außer Frage.

Auf Xavis Spuren

Beeindruckend, wie Sergio Busquets im Spiel gegen Espanyol das runde Leder umgarnte. Der Gipfel des Stadtderbys war sein Zuspiel in den Lauf von Pedro, dem es keine Mühe erforderte, das Spielgerät im Tor unterzubringen. Die Laufrichtung des Balles, das Timing, die Laufweite – in allem spiegelte sich die Präzision eines Künstlers, die Hingabe eines außergewöhnlichen Spielers, der mehr als nur eine Begleiterscheinung im katalanischen Spiel darstellt. 140 Pässe spielte der Katalane im sonntätigen Aufeinandertreffen mit Espanyol, unglaubliche 94% hiervon fanden ihren Weg zum Mitspieler. Wer sich den gesamten Spielverlauf vergegenwärtigt, erkennt, dass die Zuspiele von Sergio Busquets nicht nur auf Sicherheit bedachte Rückpässe waren. Einige Male streute er riskante Bälle in die Spitze ein, um die Angreifer in eine exzellente Position für einen Torabschluss zu bringen. Immer wieder entledigte er sich seines geistigen Konstrukts und spielte dabei wie ein Schweizer-Uhrwerk, dem katalanische Genialität eingehaucht wurde. Blitzschnell erfasste der defensive Mittelfeldspieler die Lage und bediente seine Vorderleute, wenn die gegnerische Abwehrreihe zu hoch stand oder unverhältnismäßig große Lücken entstehen ließ. Sein Beitrag zu den Offensivbemühungen seiner Mannschaft ähnelte in seiner Art der Spielweise eines anderen Mittelfeldakteurs seiner Mannschaft.

Die Entsprechung zu Xavis Wirken auf dem Platz war im Spiel gegen Espanyol allgegenwärtig. Als Nachfolger von Maestro Xavi ist Thiago Alcántara im Gespräch, das Jahrhunderttalent aus der La Masia-Talentschmiede. Knapp drei Jahre ist Thiago jünger als Busquets und längst noch nicht so weit wie sein Teamgefährte. Die Fußstapfen, die Xavi bei seinem Abgang hinterlassen wird, werden groß sein und dem Nachfolger viel abverlangen. Passgenauigkeit, Übersicht, Besonnenheit, Führungsqualitäten und Akkuratesse muss der legitime Erbe mitbringen, Attribute, die Busquets bereits heute anhaften. Lange Zeit bestand Grund zur Annahme, dass sich das Spiel des FC Barcelona mit dem Ende von Xavis Zeitalter zwangsläufig verändern würde. So langsam setzt sich aber zur Freude vieler die Erkenntnis durch, dass das Spiel des FC Barcelona auch nach Xavi eine ähnliche Prägung beibehalten könnte. Sergio Busquets ist also Leistungsträger der Gegenwart und Hoffnungsträger für die Zukunft. 

Mit Ball gut, ohne Ball überragend

Mit 1,89m ist Busquets für katalanische Verhältnisse ein großgewachsener Spieler. Er besitzt nicht die Explosivität im Antritt, wie sie bei seinen kleineren Mannschaftskameraden häufig anzutreffen ist, der Schnellste ist er auch nicht. Spieler jenseits der 1,90m verfügen nur selten über hinreichende technische Fähigkeiten, die beim FC Barcelona vorausgesetzt werden. Busquets hingegen stellt in dieser Hinsicht eine erfreuliche Ausnahme dar, sein Passspiel ist ausgezeichnet und am Ball präsentiert er sich außergewöhnlich beschlagen. Häufig lässt er seine Gegenspieler durch Körpertäuschungen aussteigen und verschafft sich dadurch den notwendigen Freiraum, um eine Fortführung des Angriffs in die Wege zu leiten. Sein Spielstil ist elegant und unter ästhetischen Gesichtspunkten ein Genuss. Es ist jedoch nicht nur sein Spiel am Ball, das ihn auszeichnet. Beim Spiel ohne Ball kommen Busquets Qualitäten vollends ans Licht, er ist ein Spezialist, wenn es darum geht, den Raum bei gegnerischem Ballbesitz zu verengen. Wenn der FC Barcelona zum Gegenpressing ansetzt, sticht Busquets mit seiner herausragenden Antizipation heraus und bewirkt einen schnellen Ballrückgewinn. In der eigenen Hälfte stellt er sich in einem bestimmten Winkel zum ballführenden Gegenspieler, sodass diesem ballbesitzerhaltende Rück- und Zuspiele unmöglich werden – er wird isoliert. Wenn sich die eigene Mannschaft im Ballbesitz befindet, versteht er es, der Ballzirkulation förderliche Spielerdreiecke herzustellen und damit das geliebte Tiki Taka aufzuziehen. Mal lässt er sich tief fallen, im anderen Moment agiert er weiter vorne, je nachdem, wie es die Situation erfordert und stets mit dem richtigen Gespür für die Besonderheiten der jeweiligen Spielsituation. 

Er ist ein feiner Fußballer, der für den FC Barcelona Gold wert ist. Unter Berücksichtigung der jüngsten Entwicklungen könnte sein Wert für die Blaugrana nicht aufzuwiegen sein, spätestens dann, wenn er im Barcelona-Mittelfeld die Rolle des Regisseurs für sich vereinnahmt hat. Guardiola hat einst gesagt, wenn er als ein bestimmter Spieler der heutigen Zeit wiedergeboren werden könnte, würde er sich wünschen, Busquets zu sein. Sergio Busquets erfüllt anspruchsvollste Aufgaben auf dem Spielfeld, ohne dass es im Entferntesten nach Arbeit aussieht. Anmutig bewegt er sich über das Feld, geschmeidig ist seine Behandlung des Balles. Sein Verständnis für das Spiel ist unglaublich, fernab einer wissenschaftlichen Grundlage. Er ist ein Instinktfußballer, der ein intuitives Verständnis für die Situation mitbringt und sich damit vom Gros der Fußballer abhebt. Das ist Sergio Busquets, das verkannte Genie.

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