Die "Barçagate" getaufte Affäre um das Unternehmen I3 Ventures, das über Fake-Accounts in den sozialen Netzwerken Stimmungsmache betrieben hatte, ist offiziell gelöst. Zumindest hausintern. Nach monatelangen Untersuchungen der Wirtschaftsprüfungsfirma PriceWaterCoopers (PWC) ließ der FC Barcelona verlautbaren, dass "die Beauftragung verschiedener Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Überwachung und Analyse der sozialen Netzwerke im Auftrag des FC Barcelona keine an Dritte gerichteten Verleumdungskampagnen beinhaltete", wie es im Kommunique heißt.
Vereinssprecher Josep Vives erklärte auf der eigens einberufenen Pressekonferenz: "Es wurde keine verunglimpfende Kampagne gegen niemanden beauftragt." Auch gab es "keinerlei korrupte Verhaltensweisen" rund um den Vertrag mit der Internetmedien-Firma.
Eben jene Korruptionsvorwürfe waren laut geworden, da der FC Barcelona für die Social-Media-Dienste insgesamt rund eine Million Euro an I3 Ventures zahlte, ein Betrag, der weit über dem normalen Marktpreis liegt.
Ex-Vizepräsident Emili Rousaud, der im Zuge des Skandals zurückgetreten (oder eher: gegangen worden) war, hatte rund um die dubiosen "Barçagate"-Machenschaften Korruption und Veruntreuung innerhalb des Vorstands angedeutet und in einem Radiointerview gesagt: "Jemand hat die Hand in der Schatulle."
Zum Thema:
- Sechs Vorstandsmitglieder treten wegen Bartomeu zurück
- Rousaud: "Jemand hat seine Hand in der Schatulle"
- Rousaud legt nach - Calsamiglia distanziert sich von Vorwürfen
- Von Barça beauftragte Firma führte Hetzkampagnen
- Erdrückende Beweise: Barça kündigt I3 Ventures
Auch wenn der Prüfungsbericht Barça von korrupten Vorgängen freispricht, viele Ungereimtheiten bleiben, auch die Prüfer von PWC konnten nicht alles klären. "Standards der internen Vergabepolitik wurden nicht eingehalten", heißt es im Prüfungsbericht, der Jaume Masferrer belastet. So wurden verschiedene (Schein)Firmen beauftragt, die alle mit den gleichen Verträgen ausgestattet und dem gleichen Social-Media-Auftrag betraut worden waren. Auch gab es keine offizielle Ausschreibung, I3 Ventures wurde vom Fleck weg angeheuert, ohne Konkurrenzangebote anderer Firmen einzuholen.
Masferrer war mit der Vergabe des Auftrages an I3 Ventures betraut, er habe "die Durchführung" und "das Monitoring" verantwortet, heißt es, laut PWC-Bericht "wusste Herr Masferrer Bescheid".
Masferrer, der vom FC Barcelona beurlaubt wurde, soll zudem erpresst worden sein - angeblich von einem Mitarbeiter von I3 Ventures. Die Erpressung bestätigte Barcelonas Anwalt Román Gómez Ponti. Aus diesem Grund wurde vor kurzem sogar die katalanische Polizei "Mossos" im Camp Nou vorstellig und durchsuchte die Büros nach Unterlagen, um Masferrers Erpressung zu untersuchen.
Der "Barçagate"-Social-Media-Skandal ist zwar offiziell geklärt - so richtig aber auch nicht wirklich.
Kommentare
Sie haben diese Vorkomnisse gut zusammengefasst , wie ich es gewohnt bin von Ihnen.
Diese Art von Skandalen sind neu in Barcelona. Sie hängen zusammen mit der steigenden Macht sogenannten "sozialen Netztwerke".
Unabhängig davon wieviel Wahrheitsgehalt darin steckt oder nicht. Wie der User ober mir lapidar bemerkt: "Der Image-Schaden bleibt dennoch bestehen." Damit hat er recht.
Auf den sozialen Netztwerken geht es gar nicht darum wer recht hat oder nicht. Es geht schlicht und ergreifend darum wer zuerst einen Post oder Gezwitscher oder sonst was vom Stapel lässt. Ich kann schreiben der Papst ist eine Frau. Und in zwei Sekunden weiss das die halbe Welt dass der Papst ein Mädchen ist. Und bereits eine Sekunde später liked ein Bewohner in Patagonien, was nun wirklich nicht auf meinem Heimweg liegt, egal wie spät ich nach Hause komme, egal wieviele Bierchen ich getrunken habe, meinen Beitrag mit dem Kommentar: Sie haben recht! Der Papst ist ein Mädchen!
Wir leben in einer verrückten Zeit. Der demokratisch gewählte Präsident der grössten Volkswirtschaft der Erde wurde dank sozialen Netzwerken gewählt.
Dreieinhalb Jahre regierte er die grösste Volkswirtschaft der Welt mit sozialen Netzwerken und per Dekret.
Eben dieser demokratisch gewählte Präsident verteufelt jetzt diese sozialen Netzwerke weil sie angeblich ihn nicht richtig zitieren.
Kurz darauf reagiert auch der demokratisch gewählte Präsident vom republikanische n Einheitsstaat Türkei gleich wie sein Amtskollege von der grössten Volkswirtschaft der Welt: Die sozialen Netzwerke sind Feinde der Demokratie.
Und der soeben demokratisch gewählte Präsident auf Lebenszeit vom flächenmässig grössten Land der Erde sieht das ähnlich, dem ist es aber egal/gleich, schon länger und der gründet dann gleich selber soziale Netzwerke, damit in Sachen Demokratie ja nichts schiefgehen kann.
Der demokratisch gewählte Präsident vom grössten Sportverein der Welt erkennt die Lage logischerweise analog seiner grossen Amtskollegen. Und regiert den grössten Verein der Erde gleich wie seine Kollegen.
Die sozialen Netzwerke beginnen sich nun aber zu wehren. Richtigerweise.
Soziale Netzwerke funktionieren wie ein Boomerang: Wie man in den Wald ruft hallt es irgend einmal zurück.
Ich unterstelle Bartomeu keinen Amtsmissbrauch. Ich glaube dass sein Wunsch effektiv nur "Monitoring" war. Und das ist legitim.
Ein schlechtes Licht wirft dann die Tatsache dass Jaume Masferrer jahrelang als privater Kommunikationsb erater vom Präsidenten amtete oder wie es Florian Haupt beschreibt: Kanzleramtsminister.
Nun kann sich jeder Culé sein eigenes dazu denken.
Die Moral der Geschichte ist: In den sozialen Netzwerken werden wir nie die Wahrheit lesen.
Nach wie vor ist gesunder Menschenverstan d das kostbarste aller Güter auf Erden.