RCD Espanyol Barcelona: Der Mythos um die anti-katalanische Einstellung

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Wenn am Sonntag das Derbi Barceloní steigt, treffen mit dem FC Barcelona und dem RCD Espanyol die beiden erfolgreichsten katalanischen Fußballvereine aufeinander. Moment mal, wirklich katalanisch? Bis heute hallt Espanyol eine anti-katalanische Einstellung hinterher. Dass dies aber schon lange nicht mehr der Realität entspricht, ist jedoch immer noch nicht in allen Köpfen angekommen. Zumindest für die Leser von Barçawelt wollen wir deshalb mit dem Mythos rund um den Stadtrivalen aufräumen.

Wer sagt, dass er Espanyol-Fan ist, wird häufig erst einmal schief angesehen. Dem Verein haftet ein faschistischer Ruf an, der zu Zeiten des Bürgerkrieges aufseiten der spanischen Zentralregierung stand und sich gegen Katalonien richtete. Die Medien, bei denen Espanyol Barcelona lediglich eine ungeliebte Randerscheinung darstellt, tun ihr übriges. Nur Einwanderer aus anderen Teilen Spaniens unterstützten die Periquitos im Stadion, so lautet ein weitverbreiteter Trugschluss. Ein echter Katalane müsse dagegen zu Barça halten.

Was es heißt, ein Periquito zu sein

Wenn man sich dagegen einmal die Mühe macht, sich die Anhänger des RCD Espanyol Barcelona anzusehen, eröffnet sich einem plötzlich ein gänzlich anderes Bild. Dort finden wir in der Regel Katalanen mit katalanischen Vorfahren, die miteinander katalanisch sprechen und sich ihrer Heimat auch zugehörig fühlen. Nur warum unterstützen sie Espanyol, wenn sie den FC Barcelona doch direkt vor ihrer Haustüre haben? Von Natur aus drückt doch jeder Barça die Daumen, nicht zuletzt weil das gesamte Umfeld, seien es Freunde, Bekannte oder auch die Medien, Barça-positiv gestimmt sind – oder etwa nicht? Wer sich dort einfach mit eingliedert, kann eigentlich nicht viel falsch machen. Es ist nämlich sehr komfortabel, Barça-Fan zu sein: Man muss nicht derartige Höhen und Tiefen miterleben, sondern kann nach einem Spiel in der Regel zufrieden nach Hause gehen und sich Saison für Saison Hoffnungen auf weitere Titel machen. Nur um einige mögliche Erwägungen anzuführen, nur den FC Barcelona zu unterstützen. Welche Gründe gibt es also, dem FC Barcelona den Rücken zuzukehren?

Die Anhänger von Espanyol wollen sich vor allem von so einem großen, reichen und pompösen Verein abgrenzen. Für einen Periquito ist es stattdessen ehrenvoll, einen Verein ohne viel Geld zu lieben und zu unterstützen, auch wenn er keine großen Titel gewinnt. Er arbeitet beispielsweise in einer kleinen, unbedeutenden Bäckerei und führt ein bescheidenes, aber glückliches Leben. Er will nicht das Große und Ganze haben, sondern gibt sich mit den kleinen, jedoch verdienten Erfolgen der täglichen Arbeit zufrieden. Diese Genügsamkeit ist in den Augen der Anhänger auch die wahre Identität der Katalanen und wird durch ihren Verein, RCD Espanyol Barcelona, widergespiegelt.

Von Heimatverbundenheit zur Namensänderung

Man kann natürlich einwenden, dass Anhänger an sich noch nicht die Charakteristik eines Vereins offenbaren. Zu besonderen Verwirrungen führt vor allem der Ausdruck „Espanyol“ im Vereinsnamen: Damit wollte man damals jedoch lediglich die Abgrenzung zum FC Barcelona untermauern. Bei der Gründung (damals noch unter dem Namen Sociedad Española de Fútbol) im Jahr 1900, also ein Jahr nach Barça, sah man den FC Barcelona als einen Verein für Ausländer an. Espanyol, dessen Gründungsmitglieder allesamt aus Katalonien und Spanien stammten, wollte dagegen ein Verein für Einheimische sein. Vor dem Bürgerkrieg war es noch nicht derart verpönt, sich auch in Katalonien als Spanier zu bezeichnen – beispielsweise hießen auch Bars „Espanyol“ und das größte Theater war das „Teatre Espanyol“. Dass dies heutzutage kaum noch Heimatverbundenheit ausdrückt, ist der noch jungen Geschichte Spaniens geschuldet.

Den wohl größten Akzent als Zeichen der katalanischen Zugehörigkeit setzte der Verein mit der Umbenennung im Jahre 1995. Anstatt der spanischen Schreibweise „Real Club Deportivo Español“ wird seitdem offiziell die katalanische Schreibweise „Reial Club Deportiu Espanyol“ verwendet. Auch die Vereinshymne wird heute nur noch auf katalanisch gesungen. Vereinspräsident Joan Collet spricht in Interviews in der Regel katalanisch und legt am katalanischen Nationalfeiertag – wie auch die Präsdidenten von Barça – Blumen am Denkmal von Rafael Casanova nieder. Wirft man einen Blick auf das Trikot der laufenden Saison, findet man am Ärmel einen Aufdruck der katalanischen Flagge. Eine nette Nebeninfo: In der ersten Mannschaft von Espanyol spielen aktuell neun Katalanen, in jener von Barça lediglich acht.

Katalanisch, Spanisch oder doch beides?

Eine gewisse Trennlinie muss man alles in allem dennoch ziehen. Im Gegensatz zum FC Barcelona mischt sich Espanyol nicht in die Politik ein und schloss sich somit auch nicht „El Pacte Nacional pel Dret a Decidir“ an, was einer Art Versprechen gleichkommt, alles zu tun, um das Recht auf Selbstbestimmung für Katalonien durchzusetzen. Besonders ungern sieht man bei Barça eine Art Fan-Freundschaft zwischen Espanyol- und Real-Anhängern, die in erster Linie aus dem gemeinsamen großen Rivalen resultiert. Aufgrund des ausgeprägten Konkurrenzdenkens zum Stadtrivalen hört man auch immer wieder Anti-Barça-Gesänge im Stadion. Zudem befinden sich die spanische Krone im Wappen Espanyols und das übersetzte „königlich“ im Vereinsnamen. Diese 1912 zugewiesene Ehre wurde und wird vermutlich auch nicht freiwillig wieder abgelegt.

Immer wieder landet man bei der Grundsatzfrage, inwieweit sich Katalanisch und Spanisch denn überhaupt ausschließen. Dies muss letzten Endes jeder mit sich selbst ausmachen. Man kann aber ohne Bedenken festhalten, dass im RCD Espanyol Barcelona von heute eine katalanische Identität steckt, wenngleich diese unter der des FC Barcelona untergeht und teils gegenteilig dargestellt wird.

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