Xavi: „Barça hat Spieler verpflichtet, die nicht ins System passen“

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Als Spieler des FC Barcelona hat Xavi alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Nun genießt er die letzten Momente seiner aktiven Karriere gemütlich in Katar. Der mittlerweile 37 Jahre alte Spanier verfolgt natürlich weiterhin alle Geschehnisse rund um seinen Ex-Klub. In einem Interview mit der MARCA sprach er über den Fußball und sein Leben in Katar, über die derzeitige Entwicklung des FC Barcelona sowie des Erzrivalen Real Madrid und natürlich auch über die zwei besten Spieler der Welt, Ronaldo und Messi. Wir haben für euch das Interview aufbereitet.

Es sieht so aus, als würdest du den Fußball immer noch genießen. Wie ist das in Katar möglich, nachdem du bereits in LaLiga alles gewonnen hast? 

„Mein Körper ist nicht mehr auf dem allerhöchsten Niveau und in Katar bietet sich mir die Möglichkeit, dennoch Fußball zu spielen. Ich will weiterspielen, weil ich den Fußball sehr aufregend finde und ich noch wettbewerbsfähig bin. Ich trainiere und habe Spaß dabei. Das Gefühl, wenn ich den Ball mit meinen Füßen berühre, ist wundervoll. Ich habe nie aufgehört, den Fußball zu lieben. Selbst wenn es mein letztes Jahr sein sollte, will ich meine Fähigkeiten erweitern. Diese Liga ist nicht einfach.“ 

Wieso bist du nach Katar gegangen?

„2014 hatte ich im Wesentlichen zwei Angebote, eins davon von New York aus der MLS. Also sagte ich zu Bartomeu und Zubizarreta, dass ich gehen werde. Mir wurde vorgeschlagen, bis zum Winter zu bleiben, wenn die Saison in der MLS beginnt. Ich habe mit Luis Enrique gesprochen, ich mochte seine Art und Weise, also blieb ich. Er hat mir gesagt, dass ich nicht immer spielen würde, aber dennoch meinen Teil beitragen könnte.“

Warum bist du danach nicht in die MLS gewechselt?

„Es war, weil man dort sehr viel reist und zu lange weg ist. Es ist auch eine körperbetonte Liga mit einem höheren Niveau. Ich wollte aber etwas zurückschalten. In Katar hat man meiner ganzen Familie Arbeit angeboten, deswegen sprach ich mit Raul und habe mich auf Katar vorbereitet.“

In Katar sagt man, dass du die Werte des Sports vertrittst.

„Ich bin eine normale Person. Zuhause respektieren wir jeden, wir sind bescheiden und unkompliziert. Ich glaube nicht an Führungskräfte, weil ich es liebe, im Team zu arbeiten. Meine Persönlichkeit entspricht dem Fußball, der ja auch ein Teamsport ist.“

Wie hast du dich an die arabische Welt bisher anpassen können?

„Die Leute in Katar haben mit Spaniern mehr gemeinsam, als man denkt. Sie sind gute Menschen, gastfreundlich und einfach. Das Land ist eine Familie. Es nervt mich, wenn Leute Vorurteile gegenüber dieser Kultur hegen, obwohl sie nie hier gelebt haben.“

Schmerzt es dich, Barça in seinem jetzigen Zustand zu sehen?

„Nein, weil sie außer in der diesjährigen Supercopa dennoch meistens besser als die Gegner sind. So war es in den letzten Jahren immer, selbst in der letzten Saison war man gegen Real Madrid auswärts und zuhause das bessere Team.“ 

Wie siehst du den Verein aktuell?

„Ich war Teil einer so beeindruckenden Ära, dass es so aussieht, als sei es jetzt nicht mehr dasselbe. Sie spielen gut, hätten aber bessere Transfers machen sollen. Sie sind eingeschlafen, weil vor fünf oder sechs Jahren noch die besten Spieler da waren, die perfekt in das System passten. Jetzt gibt es nur noch fünf oder sechs, also Iniesta, Messi, Alba, Piqué, Suárez und Busquets. Barça hat Spieler verpflichtet, die nicht in das System passen.“

Wurde La Masia ignoriert?

„Es entwickelt sich in diese Richtung. Man muss die Akademie stärken. Im Zweifel sollte man auf das vertrauen, was man selbst produziert. Früher bestand mindestens 60 % des Kaders aus Spielern von La Masia. Thiago zum Beispiel ist gegangen, weil es sein Recht war und man ihm keine Möglichkeiten gab. Auf der anderen Seite sollte jeder junge Spieler geduldig sein, weil der Durchbruch in Barcelona am schwersten ist.“

Wieso ist der Durchbruch in Barcelona so schwer?

„Weil von uns erwartet wird, dass wir nicht nur gewinnen, sondern auch gut spielen. Real Madrid kann ein Spiel 3-2 glanzlos gewinnen und es wird dennoch als episches Comeback gefeiert. Wenn wir in der letzten Minute den Siegtreffer erzielen, wird das Spiel die ganze Woche lang analysiert. In Madrid fragt man nicht danach, warum sie gewinnen. Sie gewinnen und es gibt keine Diskussion darüber.“

Ist Real Madrid dem FC Barcelona mental überlegen?

„Der Unterschied ist, dass bei Real Madrid alle – die Fans, der Trainer, das Team und die Presse – zusammenhalten, wenn es schlecht läuft. Außerdem hat der Präsident von Real Madrid seit Jahren keine Gegner. In Barcelona gibt es immer welche und der Präsident kann auch nur sechs Jahre lang im Amt bleiben. Barça ist der schwierigste Klub, um erfolgreich zu sein. Nicht nur für die Spieler.“

Welche Lösungen braucht es in Barcelona?

„Geduld. Als wir das Triple holten, hatte Real Madrid eine unglaubliche Siegesserie. Sie schienen unbesiegbar, aber wir holten am Ende alle drei Titel. Der Klub sollte versuchen, die Spieler glücklich zu machen, so wie es unter Laporta war. Man braucht auch neue Spieler. Es muss alles glücken, da Real Madrid sehr stark ist.“

Ist Real Madrid dem FC Barcelona momentan weit überlegen?

„Im Fußball weiß man nie. Mit Pep hatte ich ein Gefühl der Überlegenheit, das ich seitdem nicht mehr gefühlt habe. Und dennoch haben wir in den vier Jahren nur zweimal die Champions League gewonnen.“

Also siehst du beide Vereine auf demselben Level?

„Real Madrid geht in die Saison als eine siegreiche Mannschaft. Es scheint so, als hätten sie ein fertiges Team, während in Barcelona eine neue Ära beginnt. Das heißt nicht, dass Barça die Liga nicht gewinnen kann. In dem Jahr, als wir das letzte Triple gewannen, wollten alle Luis Enrique im Januar feuern.“

Magst du Paulinho?

„Ich habe gegen ihn beim Confederations Cup [2013] gespielt und er hat mich und Iniesta sehr gut gedeckt. Er ist sehr dynamisch. Hätte Real Madrid ihn verpflichtet, gäbe es keine Kritik.“

Hast du das Gefühl, dass Barcelona seit Guardiolas Abgang ständig Höhen und Tiefen erlebt?

„Ich möchte nicht daran denken, dass wir unsere Spielidee aufgegeben haben. Ich sehe eine Mannschaft, die versucht guten Fußball zu spielen. Es wäre ein großer Fehler, wenn sich das ändern würde. Seit Cruyff war Barcelona anders und wurde von allen respektiert, hat alle Fans zum Staunen gebracht. Ich würde es nur ungern sehen, wenn Barcelona seine Spielidee ändern würde.“

Wenn du Barcelona spielen siehst, denkst du daran, wie sehr ein Xavi fehlt? 

„Natürlich höre ich gern, dass ich vermisst werde. Bei großen Klubs ist es immer so: Wenn es nicht gut läuft, erinnert man sich an die, die nicht da sind.“ 

Hast du jede Zeit bei Barcelona genossen?

„Es gab auch schwierige Zeiten. In den drei oder vier Jahren zwischen Figos Abgang und der Ankunft von Laporta gab es viel heftige Kritik. Ich mag Herausforderungen und laufe nicht davon, wenn die Dinge schlecht laufen. Ich bin ein Barça-Fan und das ist ein Vorteil. Wenn Barça verliert, bin ich stocksauer.“

Ist Neymar gegangen, weil er unglücklich war?

„Es gab viele Gründe. Er wollte einen Tapetenwechsel, weil er nicht mehr zufrieden in Barcelona war, weil das Angebot sehr gut war und weil er in PSG die Führungsfigur sein wird. Er hat mir nur gesagt, dass er gehen will.“

Aber ist es für einen Spieler nicht besser, bei den Besten zu sein?

„Ja, Messi macht jeden Spieler besser. Das ganze Team hat mir geholfen, mich zu verbessern, weil ich alle meine Mitspieler brauche. Ich kann nicht alles alleine machen, so gut bin ich nicht. Ich bin besser im Stellungsspiel und darin zu wissen, wo meine Mitspieler stehen.“

Ist Cristiano Ronaldo auf demselben Level wie Messi?

„Messi ist der Beste im Kollektiv und individuell. Über Ronaldo kann man das nicht sagen. Messi ist gut in allem. Wenn der Trainer sagt, dass alle nach hinten mitarbeiten müssen, dann ist Messi auch darin der Beste. Sagt man Ronaldo, dass er nur mit ein oder zwei Ballkontakten spielen soll, bin ich mir nicht sicher, ob er der Beste wäre. Ronaldo ist ein historischer Spieler und der Beste im Tore erzielen. Aber mit Messi kann man ihn nicht vergleichen. Messi wäre auch der Beste, wenn er für Atletico Madrid spielen würde.“ 

Wie ist Messi in Wirklichkeit?

„Es ist gut für den Fußball, dass der beste Spieler klein ist. Messi ist ein Vorbild für die Kinder. Abseits des Feldes ist er nie laut und er respektiert jeden. Er ist schlau, mitfühlend und bescheiden. Er ist auch sehr einfach und unproblematisch, wenn er glücklich ist. Der Umgang mit ihm ist einfacher als man denkt. Man muss nur mit ihm sprechen. Trainer sind überbewertet, manchmal scheint es, als seien sie nur die Sprecher im Klub. Wirklich wichtig sind die Spieler.“ 

Verweigert Messi die Vertragsverlängerung, um den Klub zu zwingen, Spieler zu verpflichten?

„Ich denke nicht, dass er das getan hat, aber er hätte ein Recht dazu.“

Bist du mit dem neuen Trainer zufrieden?

„Ich mag Valverde wirklich, da er zu Barcelona passt. Er hat klare Ideen. Eine sehr gute Wahl.“

Was denkst du, wenn manche Leute dich als Trainer fordern?

„Diesen Druck habe ich immer gespürt. Dieses Gefühl, dass man auf mich wartet, macht mich stolz. Es wird aber noch zwei oder drei Jahre dauern.“ 

Hättest du gerne, dass Iniesta nach Katar kommt?

„Ich würde es ihm empfehlen, wenn er über einen Wechsel nachdenkt. Die Leute leben gut hier. Aber er ist erst 33 und hat noch zwei oder drei Jahre auf gutem Niveau vor sich.“

Was versteht man im Fußball unter der ’pausa’?

„Damit ist das Spielverständnis gemeint, zu wissen, wann man angreifen soll. Es gibt nur einen Ball und wenn du ihn hast, hat der Gegner ihn nicht. Also wie verteidigt man am besten? Indem man den Ball hat.“ 

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