Xavi über Rückkehr zu Barça: “Sehe mich nur bei einem Projekt, das bei Null startet”

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Vor einigen Monaten bemühte sich der FC Barcelona um eine Verpflichtung der Vereinslegende Xavi als Trainer. Nun äußerte sich der derzeitige Cheftrainer des Al-Sadd Sport Clubs zu den Bedingungen, unter denen er zu Barça zurückkehren würde und sprach über “ein Projekt, das bei Null startet”.

Xavi Hernández gab der katalanischen Tageszeitung La Vanguardia ein Exklusivinterview. Abschnitte davon hat Barçawelt nun für euch auf Deutsch übersetzt und zusammengefasst.

Frage: Was ist „Culerismus“ für Sie?

Xavi: “Er ist ein starkes Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Familie. Das ist eine Sache, die vererbt wird, die von den Großeltern an die Enkel weitergegeben wird. So habe ich es zumindest erlebt, Ich komme aus einer Familie, in der der Fußball omnipräsent war. Mein Vater spielte Fußball und war Trainer, er eröffnete sogar eine Fußballschule für kleine Kinder. Meine Mutter hingegen war eine der ersten Frauen, die sich aufs Spielfeld trauten, zu einer Zeit, in der Frauen noch argwöhnisch dabei beäugt wurden. Ich erinnere mich daran, dass, wenn Real Madrid gut gespielt hat, mein Vater das anerkannt hat. Meine Großmutter aber, die uns den blauroten Fanatismus eingeimpft hat, nahm es nicht so gut auf. Wenn Real verlor, kaufte sie die Madrider Zeitungen, um sich daran zu erfreuen. Seit ich mich erinnern kann, spiele ich Fußball, so wie es gerade mit meinem Sohn Dan passiert. Es scheint genetisch zu sein. Ich kam mit elf Jahren zu Barça…”

Hatten Sie damals Zeit, etwas anderes zu spielen?

“Ja, mit meinen Brüdern. Aber in Wahrheit wurde ich schon sehr früh erwachsen. In meinem Haus waren wir alle sehr verantwortungsbewusst. Man musste alle Sachen ordentlich erledigen. Und das alles auf eine geordnete Weise: Disziplin, Ernährung, Ruhe,… schon als Kind war ich halb professionell.”

Ihr Vater war Ihr erster Trainer?

“Ja, und ein Bezugspunkt, ein Idol. Er ist einfach eine gute Persönlichkeit, gebildet, freundlich, hilfsbereit, wie meine Mutter. Die Leute haben mit viel Respekt von ihm gesprochen und ich dachte mir dann: ‘Huch, Señor Hernández ist mein Vater.’ Er war ein guter Anführer.”

War er ihr größter Referenzpunkt?

“Gemeinsam mit Cruyff, der die Fußballgeschichte verändert hat, und Joan Vila, meinem fußballerischen Vater, der mehr über den Cruyffismus weiß als Cruyff selbst. Vila sagte mir, ich solle seinen Spielstil beobachten. ‘Schau, wie er den Kopf hebt, wie er weiß, wohin er spielen muss, wenn er unter Druck gesetzt wird. Und wenn er nicht gepresst wird, bleibt er im Ballbesitz, um Gegner anzulocken… Schau, wie er den Gegner beschäftigt!’ Cruyffs Dream Team war der Spiegel, in dem wir uns sahen. Und Guardiola beeinflusste uns auch sehr. Er half mir immer. In der Kabine hatte ich den Platz neben ihm und Figo. Schließlich spielte ich dann auf seiner Position.”

Ist Barça eine Religion?

“Ja, das kann es ein. Obwohl es mehr eine Leidenschaft ist. Ich könnte nicht ohne den Fußball leben… Ich bin fanatisch nach diesem Spiel und sehr kompetitiv. Ich gewinne gerne. Wir Hernández Creus’ sind wohl alle sehr wettbewerbsfreudig.”

Was bedeutet kompetitiv? Immer gewinnen wollen oder das Beste aus sich herausholen?

“Es bedeutet, alles zu machen, um zu gewinnen. Alles dafür geben, um zu gewinnen. Du willst gewinnen, das haucht dir neues Leben ein. Der Sieg gibt mir Adrenalin. Jetzt, wo ich Trainer bin, nehme ich es schlecht auf, wenn mein Team nicht gewinnt. Ich schlafe nicht und denke darüber nach, wie es nur sein konnte, dass wir verloren haben. Manchmal denke ich, dass das vielleicht andere Sachen kompensiert. Ich habe gut gelebt, das gemacht, was mir Freude bereitet hat, bei Barça gespielt, in der Nationalmannschaft, habe alles gewonnen, was man gewinnen kann… Wenn ich mir nicht solche Fragen stellen würde, hätte ich ja schon alle meine Träume erreicht.”

Ist die Einsamkeit als Spieler oder als Trainer schlimmer?

“Eindeutig als Trainer, ohne Vergleich. Du bist am meisten verantwortlich. Wenn es nicht gut läuft, dreht man durch. In jedem Training, jedem Gespräch fragst du dich, ob deine Ansichten ankommen und du hast viele Zweifel. Am besten ist es zu spielen.”

Aber diese Etappe ist zu Ende für Sie…

“Ja. Cruyff sagte mir einmal, dem Spielen am nächsten sei das Trainerdasein. Und es stimmt. Wenn nicht, wüsste ich nicht, was ich jetzt täte. Vielleicht in einem Büro als Sportdirektor. Oder als Funktionär im Anzug. Ich trage nicht gerne Anzug. Das fühlt sich nach Protokoll an, ich fühle mich darin zusammengeschnürt, nicht natürlich an.”

Wie war Ihre Beziehung zu Cruyff?

“Für mich ist er der Mann, der die Fußballgeschichte verändert hat. Und wenn Fußball eine Religion ist, dann war er Gott. Wir trafen uns öfters. Er sagte mir, er würde eines Tages vorbeikommen bei Barça und mich suchen. Er gab mir Ratschläge, wie ich mich zu verhalten hätte: ‘Nicht alle haben deine Erfahrung, du verstehst den Verein, das Spiel; gib alles, aber mit allen Konsequenzen, und lass nicht andere für dich entscheiden.'”

Erinnerten Sie sich an seine Worte, als der Verein vor ein paar Monaten zu Ihnen kam, um Ihnen ein Angebot zu machen?

“Absolut. Ich weiß ganz klar, dass ich zu Barça zurückkehren will, der Gedanke erfreut mich. Vor einigen Jahren hätte mir das noch viel Respekt eingeflößt, aber jetzt, wo ich schon als Trainer gearbeitet habe, glaube ich, dass ich den Spielern etwas weitergeben kann. Aber ich machte auch klar, dass ich mich nur bei einem Projekt sehe, das von Null startet und in dem die Entscheidungen bei mir liegen.”

 

Es sickerten ein paar Bedingungen durch…

“Damit habe ich kein Problem. Ich verstecke mich nicht und distanziere mich auch nicht von dem Gesagten. Es würde mir gefallen, mit Personen zusammen zu arbeiten, in die ich Vertrauen habe und die loyal sind. Und es sollten fähige Personen sein. Es darf niemanden in der Nähe der Kabine geben, der die Atmosphäre vergiftet. Wir sprechen von Carles Puyol, der Kapitän des FC Barcelona war, und von Jordi Cruyff, der ein sehr guter Geschäftsmann ist und viel Erfahrung als technischer Leiter hat. Ich bin ein Team Player, ich will nicht alleine entscheiden. Hier [bei seinem Verein Al-Sadd, Anm. d. Red.] treffen wir die Entscheidungen mit dem gesamten Stab… Es ist eine horizontale Struktur, eine Struktur des Konsens. Obwohl ich natürlich das letzte Wort habe.”

Müsste sich der Vorstand neu aufstellen, damit Sie Barça trainieren?

“Logischerweise würde es mir gefallen, mit allen auf der gleichen Wellenlänge zu sein. In der Kabine darf es wie gesagt niemanden geben, der negativ oder toxisch ist. Und auch die medizinische Abteilung ist wichtig. Alles muss passen. Es würde mir gefallen, mit Leuten aus meinem Umfeld zu Barça zu kommen und ein gutes Team zu formen.”

Also hängt es nicht davon ab, wer Präsident wird?

“Das wäre nicht entscheidend. Aber ich bestehe darauf, dass wir die gleiche Wellenlänge haben. Ich weiß nicht, ob dieses Ideal möglich sein kann… Ich habe gegen niemanden etwas. Ich habe kein schlechtes Verhältnis zu Bartomeu, ich verstehe mich gut mit Laporta und Víctor Font und ich sind Freunde. Ich werde mit jedem gut zurechtkommen, der Gutes für Barça erreichen will.”

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Wie sähe Ihr Dream Team aus?

“Ein großer Teil des Kaders ist schon außergewöhnlich. Da kann man mit dem Torwart anfangen, der für mich der Beste der Welt ist. Jordi Alba ist für mich der beste Linksverteidiger der Welt, Piqué der beste Innenverteidiger und Busquets der beste defensive Mittelfeldspieler der Welt. Und Messi der beste Spieler der Welt. Wenn du dann noch Suárez, de Jong und Arthur dazuzählst, scheint es mir, als ob man Spieler hätte, um noch weitere zehn Jahre bei Barça zu triumphieren. Die Basis ist sehr gut. Ich würde Außenstürmer verpflichten – vom Typ Neymar. Ich weiß nicht, ob er aufgrund des sozialen Sache passen würde, aber in fußballerischer Hinsicht hege ich keine Zweifel daran, dass er eine spektakuläre Verpflichtung wäre. Barcelona hat schon ein gutes Spiel durch die Mitte… aber es fehlen die Außenstürmer, wie sie Bayern hat. Man braucht nicht viele Neue: Jadon Sancho, Serge Gnabry…”

 

Michael Weilch
Michael Weilch
Treuer Culé seit Beginn der Ära Messis und der festen Überzeugung, dass Barça "més que un club" ist. Hofft, dass sich die Blaugrana auf ihre historischen Wurzeln besinnt und gerade in heutigen Zeiten ein Leuchtbild für Demokratie und Chancengleichheit darstellt - der Grund, warum der FC Barcelona eben nicht "nur" ein Fußballverein ist. Motto: "Tots units fem força!"
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