Was erwarten die Culés von Ernesto Valverde?

Johan Cruyff äußerte sich einst über Ernesto Valverde, als er ihn als einen sehr intelligenten Spieler bezeichnete und als einen der vielversprechendsten Trainer Spaniens adelte. Bei den vorherigen Stationen als Trainer leistete Valverde bemerkenswerte Arbeit. Ihm wird nachgesagt, er könne das Maximum aus dem vorhandenen Spielermaterial holen. In dem heutigen Roundtable geben Autoren von Barçawelt eine Abschätzung zu Valverde ab. Die genaue Themenfrage und die Statements stehen im Nachfolgenden.

Ernesto Valverde hält sich ziemlich bedeckt in den letzten Wochen und ist für manche Fans des FC Barcelona ein unbeschriebenes Blatt. Grund genug also, um uns Gedanken darüber zu machen, welche Erwartungen die Culés an Ernesto Valverde haben.

Pascal will mit Valverde zurück zu den Wurzeln

Zunächst meldet sich unser Teammitglied Pascal zu Wort und ist überzeugt davon, dass mit Valverde die richtige Wahl getroffen wurde:  

Ich bin recht offen gegenüber Valverde eingestellt. Seine Arbeit in Bilbao hat mich zeitweise beeindruckt und ich bin davon überzeugt, dass er die bestmögliche Lösung für diesen Sommer war, da es eine Änderung gebraucht hat. Auch bin ich der Meinung, dass es korrekt war einen Externen zu holen und eben nicht den Co-Trainer hochzuziehen.

Die Dominanz unter Guardiola würde Pascal gerne wieder erleben und sehen: 

Meine Hoffnung bzw. Erwartung spielerischer Art sind, dass wir zurück zu unserer Spielidee finden, da ich gestehen muss, dass diese in den letzten Jahren sehr gelitten hat. Dies wurde jedoch durch die verschiedenen Titel, wie 2015 die Champions League, und unsere drei überragenden Stürmer kaschiert. Doch wenn man die Spiele genau betrachtet und auch verschiedene Statistiken, so muss man feststellen, dass Barça nicht mehr das Barça ist, das es einst war, zumindest in Bezug auf unsere Spielweise. Gerade der Verlust der Kontrolle im Mittelfeld und die Umstellung auf lange Bälle, welche dieses Überbrücken hat dazu geführt, dass zumindest ich mich nicht mehr zu 100 Prozent mit unserer Spielweise identifizieren kann.

Die Jugendarbeit und die Talentschmiede ist ein Erkennungssymbol des FC Barcelona. Innerhalb der letzten Jahre schafften nicht viele Talente den Sprung in die erste Mannschaft. Allerdings ist es nach Pascal wünschenswert, wenn diese Integration in Zukunft häufiger von statten gehen würde: 

Ein weiterer Punkt, der in den letzten Jahren viel zu kurz gekommen ist, ist unser ehemaliges Aushängeschild La Masia. Hier habe ich den Wunsch, dass Valverde es schafft, endlich wieder Spieler in die erste Mannschaft zu integrieren. Dies bedeutet nicht, dass man einen Messi, Iniesta oder wie sie alle heißen hervorbringt, das waren allesamt einmalige Talente, aber zumindest jungen Spielern die Chance geben, sich zu beweisen und festzuspielen. Wenn ich sehe wie Grimaldo, Thiago aber auch Sandro bei ihren jetzigen Vereinen Leistungsträgern sind und wir auf derselben Position Millionentransfers tätigen, blutet mein Herz. Paco oder Digne sind nicht schlecht und haben sicher ihr Potenzial, doch hätte ich mir da gewünscht, diese knapp 50 Millionen, die man für diese Spieler ausgeben hat, zu sparen und auf unseren Nachwuchs zu setzen. Denn das macht den Geist von Barça und unserem Motto „Més que un Club“ doch aus.

Damit Valverde auch seine Ideen und Eingebungen umsetzen kann, braucht er Zeit und Pascal erhofft sich, dass er von den Fans die Möglichkeit erhält, seine Philosophie umzusetzen:

Ebenso hoffe ich, dass Valverde von den Culés eine faire Chance erhält, sich zu beweisen, auch, wenn er zuletzt für einen baskischen Verein tätig war. Ich glaube daran, dass er unsere Probleme in den Griff kriegen kann, auch wenn er Zeit benötigt, und uns zu alten Erfolgen führen kann, ohne dabei unsere Identität mit Füßen zu treten.

Cem gibt Ernesto Valverde Zeit

Der nächste Autor im Bunde ist Cem. Er lässt vorerst alles auf sich zukommen und bewertet die Situation erst nach einer geraumen Zeit:

Vorweg möchte ich ehrlich sein und gestehen: Ich persönlich habe noch nicht allzu viel von Ernesto Valverde gesehen und kann deshalb bei der Bewertung und den Erwartungen leider nicht auf ein fundiertes Wissen zurückgreifen. Jedoch scheint er bei den Basken vernünftige Arbeit geleistet zu haben. Er hat die Werte Bilbaos aufrechterhalten und ihre Spielart so umgesetzt, dass sich Athletic Bilbao als ein Verein im oberen Mittelfeld etablieren konnte und das lediglich mit Spielern, die baskische Wurzel haben. Damit bewies “Valvi”, wie ich ihn jetzt schon gerne nenne, dass er durchaus in der Lage ist, mit einem eingeschränkten Spielermaterial etwas Vernünftiges auf die Reihe zubekommen. Sicherlich gilt es das jetzt erstmal auf einen noch größeren Verein, wie es der FC Barcelona ist, zu übertragen. Jedoch traue ich ihm dies zu. Das was er bisher gemacht hat, stimmte mich positiv ein. Die Verpflichtung Semedos ging sicherlich auf seine Kappe, wenn wir Glück haben, war das ein Transfer auf Umtiti-Niveau, wenn nicht, schmerzt die Verpflichtung in keinem Fall wie ein Transfer von Paulinho. Wie es wirkt, wird unter Valverde hoffentlich auch mehr auf die Jugend gesetzt als in den vergangenen Jahren. Schließlich kennt Valvi das Hochziehen von Jugendspielern aus Bilbao.

Ein gutes taktisches Konzept und die Integration der Jugendspieler sind für Cem ein Muss und fordert er auch von Valverde: 

Insgesamt gilt für mich das Übliche. Ich warte erstmal eine Saison ab, ehe ich meine Meinung über einen Trainer/Spieler abgebe und gebe ihm die Chance, sich uns in all seinen Facetten zu präsentieren. Allerdings erhoffe ich mir mit Valverde einen Coach, der in der Lage ist ein, gesundes Maß zwischen Autoritätsperson und guter Kumpel zu finden, auf die Jugend setzt und sich mit seinen Transfer- und Taktikwünschen auch gegen den Vorstand durchsetzen kann. Ich erwarte keine Wunder von Valvi, ich wäre auch zufrieden, wenn man die Saison titellos beenden würde, dafür jedoch etwas Nachhaltiges auf die Beine stellt.

Benni erwartet attraktiven Fußball von Valverde

Der nächste und letzte Autor ist zugleich verhältnismäßig neu im Autorenteam, namentlich Benni. Neuling Benni formuliert seine Ansprüche direkt und konkret: 

Von der aufkommenden Valverde-Ära erhoffe ich mir drei Dinge: Gemeinschaftliches Pressing, eine ausgewogene Kader- und Rotationspolitik und feurige Leidenschaft. Diese drei Komponenten sind meiner Meinung nach maßgeblich für eine erfolgreiche Saison und eine Rückkehr zum attraktiven Fußball. Gern würde ich ein stärkeres und vor allem bewussteres Pressing des gesamten Teams sehen. Thierry Henry hat das vor einiger Zeit einmal in einer TV-Analyse sehr präzise resümiert, als er versucht hat, Pep Guardiolas Spielsystem zu erläutern. Henry meinte, dass es während seiner Zeit bei den Katalanen immer darum gegangen sei, die eigene Position auf dem Feld zu halten und bis zum letzten Drittel nicht von dieser abzuweichen. Dieses Verhalten hatte eine unglaublich ausgeprägte Spielkontrolle Barcelonas zur Folge. Während Messi, Xavi und Iniesta unmittelbar vor dem gegnerischen Sechszehner rotieren durften, konnten sie sich zuvor im Aufbauspiel immer darauf verlassen, blinde Bälle auf die Außenbahn an Henry oder Pedro abzugeben. 

Benni wünscht sich ein ähnliches Spielsystem wie zu Guardiola-Zeiten:

Vor dem Hintergrund, dass sich jeder Akteur auf den anderen verlassen kann, könnten auch unter Valverde weniger „Löcher“ im Mittelfeld für gegnerische Pässe und Vorstöße aufkommen. Es würde wieder gemeinsam nach vorn verschoben und gemeinsam verteidigt werden. Mit dieser Strategie sollte man auch etwas vom Starkult der Offensivabteilung abrücken können. In dem Fall wäre es nämlich auch immer irrelevanter, ob ein Ivan Rakitić oder Sergi Roberto in der Zentrale bzw. ein Jordi Alba oder Lucas Digne auf der Außenbahn zum Einsatz kommen. Solange die Spieler ihre taktischen Aufgaben und Positionen kennen, dürften derzeit fast alle Akteure im aktuellen Kader in der Startaufstellung überzeugen.

Wie so viele Fans wünscht sich Benni mehr Talente in den eigenen Reihen:

In Sachen Rotation wäre es dann dennoch schön, wenn Valverde auch auf Barcelonas hauseigene Jugend setzen würde. Vor allem in Sergi Samper und Carles Aleñá sehe ich zwei unglaubliche Talente, die im ersten Testspiel gegen Turin bereits einen solideren Eindruck hinterlassen haben als so manche Neuverpflichtung im vergangenen Jahr. Neben den gesetzten Stars sollen eben auch die ihre Chancen bekommen, die Valverde im Training überzeugen. Für die jungen Spieler wird es wichtig sein, sich über Einsatzzeiten Erfahrung auf europäisches Niveau anzueignen. Gleiches gilt für Marlon Santos, der wohl mit Mascherano und Umtiti rotieren wird.

Die Verpflichtungen von letzter Saison haben nicht alle gänzlich überzeugt. Auch deren Integration in das Spielsystem Barças liegt an Valverde:

Als große Baustellen kommen auf Valverde in erster Linie André Gomes, Denis Suárez und Paco Alcácer zu. Obgleich sich Digne voraussichtlich als passabler Backup für Jordi Alba erweisen wird, müssen die ebengenannten noch stark an Konzentration, Physis und Konstanz tüfteln. Während die Rolle des Portugiesen bislang nicht klar war, und er auch den nötigen Biss vermissen ließ, schafften es die beiden Spanier in der Vergangenheit nicht, eine kontinuierliche Leistung aufzubauen. Nicht weniger gespannt bin ich auf Barças rechten Flügel. Wie sich Semedo, Deulofeu und Vidal mit Messi arrangieren werden steht noch in den Sternen.

Ihr seid gefragt: Habt ihr spezielle Vorstellungen und Ansprüche an Valverde in Bezug auf Taktik, Jugendspieler etc?