Kommentar: Genug ist genug, Herr Bartomeu

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Barçawelt versteht sich als absolut unpolitische Plattform. Dementsprechend haben wir auch immer davon abgesehen, Wahlempfehlungen abzugeben oder in unseren Artikeln persönliche Wertungen einfließen zu lassen, ohne sie explizit als solche zu kennzeichnen. Das ist selbstverständlich für jede Form der Berichterstattung. Nichts desto trotz ist Barçawelt auch eine Möglichkeit, unseren Autoren eine Stimme zu geben. Aus diesem Grunde besitzen wir die Sektion “Kommentare”. Unser Autor Rafael hat sich in diesem Zusammenhang ein paar Gedanken über die gegenwärtige Situation und das Präsidium gemacht.

Genug ist genug, Herr Bartomeu!

Kürzlich war ich es, der Grund zum Optimismus gesehen hat. Dieser Optimismus hatte jedoch keineswegs etwas mit unserem Präsidium oder dem allgemeinen Zustand des Vereins zu tun, sondern lediglich mit unserer Auswahl an außergewöhnlichen Spielern. Einige Wochen später ist Ernüchterung eingekehrt und die Vereinsführung hat es doch tatsächlich geschafft, diese Hoffnungen zu relativieren bzw. teilweise zu zerschlagen. Im Folgenden analysiere ich daher, warum es schlichtweg reicht und das Präsidium meiner Meinung nach die Verantwortung für sein Handeln übernehmen und daher kollektiv zurücktreten sollte.

Lionel Messis Vertrag

Die wohl mit Abstand desaströseste Leistung zeigte das Präsidium im Umgang mit der Vertragsverlängerung von Lionel Messi. Der beste Spieler aller Zeiten hat, so gab es zumindest Vize-Präsident Jordi Mestre zu verstehen, seinen neuen Kontrakt immer noch nicht unterzeichnet. Josep Maria Bartomeu gab jedoch einige Wochen zuvor etwas ganz anderes zum Besten, wenn man der Berichterstattung glauben darf. So wurde von ihm nämlich bereits die Unterschrift Messis zugesichert. Auch gab der Verein auf der offiziellen Homepage bekannt, dass eine Übereinkunft bezüglich des Vertrags bestehe. Das wichtigste, die Unterschrift nämlich, fehlt bis jetzt allerdings noch. In vier Monaten darf Messi offiziell Verhandlungen mit anderen Clubs führen. Er wäre nächsten Sommer ohne Ablöse zu haben. Der beste Spieler aller Zeiten wäre ablösefrei.

Der allgemeine Umgang mit Vereinslegenden

Direkt an dieses Thema anknüpfen kann man mit der ebenfalls fehlenden Vertragsverlängerung von Andrés Iniesta. Diese muss man durchaus etwas differenzierter betrachten, da Iniesta bereits um einiges älter ist und durch seine Verletzungen jüngst auch nicht mehr die Stütze sein konnte, die er einst war. Nichts desto weniger äußerte sich Iniesta mehrmals, seine Karriere bei Barça beenden zu wollen und dementsprechend auch verlängern zu wollen. Kürzlich äußerte er Zweifel an seiner Zukunft und gab auch zu verstehen, dass diese Zweifel vor drei Jahren unvorstellbar gewesen wären. Durch die Medien sickerte immer mehr durch, dass es seitens Barça noch gar kein Angebot für eine Vertragsverlängerung gegeben habe. Ein offizielles Statement des Clubs diesbezüglich gab es bis dato auch noch nicht. In Interviews wurde nur immer wieder der beidseitige Wunsch über eine Verlängerung zum Besten gegeben. Bei einem sind sich die Fans dabei aber wohl einig: An Andrés Iniesta wird es nicht liegen, dass der Vertrag noch nicht unterzeichnet ist.

Iniesta ist nur das jüngste Beispiel für den Umgang mit Vereinslegenden. Carles Puyol arbeitete zwischenzeitlich als Assistent des Sportdirektors, ging allerdings nach angeblichen Differenzen. Éric Abidal wurde einst ein neuer Vertrag versprochen, doch auch er bekam ihn nicht (damals noch unter Rosell mit Bartomeu als Vize-Präsident), mittlerweile ist Abidal Botschafter des Clubs. Eine eher armselige Entschuldigung, wie ich finde.

Auch bei Víctor Valdés wurde viel über ein angespanntes Verhältnis mit dem Präsidium geredet. Er wollte seinen Vertrag nicht verlängern und schied mit einer Verletzung vor dem Ablaufen des Vertrags aus. Einen offizielen Abschied, wie er ihn sich verdient hätte, hat er nie bekommen. Dani Alves tat das einzig Richtige und gab dem Präsidium die Retourkutsche, indem er ablösefrei wechselte. Der Umang mit ihm ist an Respektlosigkeit ebenfalls nicht zu überbieten.

Das angespannte Verhältnis zu Cruyff und Guardiola stammt noch aus den Rosell-Zeiten und ist in diesem Zusammenhang nur die Spitze des Eisbergs. Dennoch ist es absolut traurig, wie man mit Cruyff umging (Stichwort: Ehrenpräsidentschaft). Die Inszenierung der Beileidsbekundungen im großen Stil nach Cruyffs Tod waren für alle Fans zwar eine gute Gelegenheit, Abschied zu nehmen, wirkten aber doch etwas heuchlerisch, wenn man das angespannte Verhältnis betrachtet. Dass Pep unter Joan Laporta länger Trainer geblieben wäre, ist zwar eine gewagte, aber nicht unrealistische These.

Der Umgang mit Jugendspielern und La Masia

Barças Herzstück und Identifikationsmerkmal “La Masia” ist unter der derzeitigen Vereinsführung zu einer Marketingmasche verkommen. Das B-Team wurde entgegen aller Prinzipien reihenweise mit Externisten verstärkt, nur um den Aufstieg zu schaffen bzw. um nun die Klasse zu halten, nachdem im Vorfeld reihenweise falsche sportliche Entscheidungen zu einem Leistungsabfall der zweiten Mannschaft führten. Der Umgang mit den verdienten Jugendspielern darf in diesem Zusammenhang gelinde gesagt als “Witz” bezeichnet werden, da nicht selten davon die Rede war, dass es gewissen Spielern gar nicht kommuniziert wurde, dass man nicht mehr mit ihnen plane und somit ihren Vertrag einfach “auslaufen” ließ. Auch von Fehlplanungen in der Beschränkung der “Nicht-EU-Spieler”-Plätze wurde berichtet. Das führte nicht zuletzt zu Chaos in der Kaderplanung. Dies darf dann wohl als geballte Inkompetenz bezeichnet werden, zumindest wirkt es so.

Allgemein scheint auf La Masia kaum noch Wert gelegt zu werden, wenn man sich die Transferpolitik, auf die ich später noch zu sprechen komme, ansieht. Noch nie war es so schwer, vom B-Team den Sprung in die erste Mannschaft zu schaffen bzw. überhaupt den Sprung in das B-Team, da auch dort die externen Lösungen präferiert werden. Da stellt sich dann aber doch die Frage, was dann der Sinn des B-Teams ist, wenn nicht die Vorbereitung auf das A-Team. Schließlich darf es ja gar nicht in die erste Liga aufsteigen.

Auch der Umgang mit Sergi Samper ist nur die Kirsche auf der Torte der Frechheiten. In der Vorbereitung signalisiert man ihm, dass man mit ihm plane, um ihm dann drei Wochen vor Ende des Transferfensters zu kommunizieren, dass er doch keine Rolle spiele. Schließlich ist mit Paulinho jetzt ein Externer geholt worden. Danach verleiht man Samper also, obwohl über den expliziten Wunsch eines permanenten Transfers spekuliert wurde. Das ist in meinen Augen schon das mutwillige Zerstören einer Karriere. Zwei Sommer in Folge wurde Samper kurzfristig verliehen. Hoffentlich ist es nicht das zweite Jahr, in dem seine Entwicklung dadurch stecken bleibt. So wird Samper, der einer der loyalsten Spieler ist und welcher, quasi seitdem er laufen kann, für Barcelona spielt mit Füßen getreten. Und vielen ergeht es so und wird es in Zukunft auch ähnlich gehen. Da muss man Carles Puyol als Spielerberater nur gratulieren, wenn er Jugendspieler an Peps Manchester City vermittelt und ihnen so eine Chance gibt. In diesem Zusammenhang will ich auch noch einmal explizit erwähnen, dass ich bis heute nicht weiß, was Bartra schlechter gemacht hätte als Jérémy Mathieu oder Thomas Vermaelen, denen man den Vorzug gegeben hat. Selbiges gilt für Grimaldo, an dessen Stelle man Digne verpflichtete, der zwar ein guter Ersatz ist, die Rolle aber auch nicht besser ausfüllen kann, als es Grimaldo wohl hätte können. Auch der Mboula-Abgang ist schlichtweg desaströs.

Um diesen Punkt zu einem Abschluss zu bringen: Der größte Witz war das große Banner “La Masia ist unantastbar”, das nach der Transfersperre vor einem Spiel im Camp Nou zu sehen war. Die Transfersperre, die ebenfalls auf der kompletten Inkompetenz des Präsidiums beruhte, wurde für Eigenwerbung genutzt, obwohl man im Prinzip alles macht, um La Masia zu zerstören. Das ist wirklich pervers, wie ich finde.

Furchtbare Transferpolitik

Barça hatte eine goldene Generation, die über Jahre hinweg Erfolg garantieren hätte können, wenn es nur zu den richtigen Transferentscheidungen gekommen wäre. Barça hat, um es nobel zu formulieren, über Jahre hinweg “Durchschnitt” verpflichtet und dabei völlig den Bezug zur Identität verloren, die diesen Verein über Jahre hinweg so groß gemacht hatte. Kleine, flinke, intelligente Spieler, die etwaige körperliche Nachteile durch brillante Technik und großartiges Passspiel kompensieren. Das war einst der Spielertyp, der Barça groß machte. Lionel Messi, Xavi Hernández, Andrés Iniesta und Sergio Busquets, der zugeben nicht klein ist, sind die Perfektion dieses Spielertyps und prägten Barças erfolgreichste Periode der Vereinsgeschichte. Anstatt ähnliche Spielertypen zu forcieren und weiter zu entwickeln – es wäre gewiss genug Talent in der Jugend vorhanden – verpflichtete man über Jahre hinweg Spieler, die nicht in dieses Profil passen. André Gomes und Paulinho sind Paradebeispiele dafür, wenn gleich Paulinho eine faire Chance verdient, auch wenn sein Profil so überhaupt nicht zu Barça passen möchte. Auch Paco Alcácer scheint absolut nicht der Spieler zu sein, der Barça weiterhilft. Vor allem ist zu hinterfragen, was ihn besser als Sandro und Munir macht. Cuenca, Montoya und Tello spielen vielleicht alle nicht groß auf bei ihren Vereinen und es darf auch in Zweifel gezogen werden, ob das Talent für Barça gereicht hätte, aber unter Pep Guardiola konnten alle drei tolle Leistungen zeigen und neue Komponenten ins Spiel bringen. Hätte man ihnen bessere Entwicklungschancen gegeben, würden sie jetzt vielleicht auch an einem anderen Punkt ihrer Karriere stehen. Man muss sich nur ansehen, zu welchem Spieler beispielsweise ein Pedro unter Pep Guardiola geformt wurde. Mit der Aussage: “Talent setzt sich schlussendlich durch.” kann ich persönlich überhaupt nichts anfangen. Denn wer glaubt, dass Busquets unter einem anderen Trainer derart erfolgreich in die Mannschaft integriert worden wäre, ist meiner Meinung nach einfach nur naiv. Niemand hatte ihn auf dem Zettel, Pep Guardiola hat ihm die Chance gegeben, der beste Sechser der Welt zu werden. Diese hat er eindrucksvoll genutzt.

Auch Barças Verkaufspolitik ist ein reines Desaster. Spieler werden so lange verliehen, bis sie zur Gänze ihren Marktwert eingebüßt haben, um dann gratis den Verein zu verlassen, nur damit sie von der Gehaltsliste gestrichen werden können. Alex Song ist ein gutes Beispiel dafür, Douglas ebenso, Arda Turan ist auf dem besten Wege, eines zu werden. Arda ist aber noch ein gutes Beispiel für eine ganz andere Idiotie: Der Türke ist zweifelsfrei ein großartiger Spieler, nur wurde bei seiner Verpflichtung ebenso wenig Wert auf sein Profil gelegt oder glaubt allen Ernstes jemand, dass sein Leistungsabfall seit seinem Abgang von Atlético bloß auf ihn zurückzuführen ist? Er wurde in schon fortgeschrittenem Fußball-Alter verpflichtet. Da ist es natürlich viel schwerer, sich noch einmal zur Gänze auf ein neues System einzustellen, wo doch sowieso die Stammkräfte schon feststehen. Insofern ist sein Leistungsabfall rückblickend betrachtet kaum überraschend. Er selbst kann meiner Meinung nach keineswegs so viel dafür, wie die meisten sagen.

Eine kurze Erwähnung müssen meiner Meinung nach auch noch die geradezu lächerlich niedrigen Ausstiegsklauseln bekommen. Bei der Entwicklung des Transfermarkts in den letzten Jahren hätte das Präsidium auch hier aufwachen müssen. Sie sind bis heute nicht aufgewacht.

Doppelmoral par ex­cel­lence

Jahrelang ging das derzeitige Präsidium gegen Ex-Präsidenten Joan Laporta vor, nur, um am Ende dessen Unschuld eingestehen zu müssen. In der Zwischenzeit war man selbst mehrmals in zweifelhafte Geschäfte verwickelt und tätigte einen Transfer, die Verpflichtung Neymars, die eine große Summe an Gerichtskosten mit sich brachte, die dann, so wurde zumindest berichtet, vom Verein getragen wurde, obwohl es hier meiner Meinung nach ganz klar um persönliches Unvermögen ging. Der Vergleich ist eben dann doch ziemlich treffend: “Rosell wurde inhaftiert, Laporta ist nach wie vor ein freier Mann”. Wie man in diesem Präsidium und seinen Kontakten immer noch vollkommene Rechtsschaffenheit sehen kann, ist mir persönlich ein Rätsel. Auch wenn Josep Maria Bartomeu unschuldig ist und von Rosells Machenschaften nichts wusste, was angezweifelt werden darf, so wäre es doch ein Zeichen von Andstand gewesen, gemeinsam mit ihm zurückzutreten und nicht erst ein Jahr später Neuwahlen auszurufen, bei denen er erneut antrat. Meiner Meinung nach würde es sich von selbst verstehen, auch als Vize-Präsident die Verantwortung für die Missstände des alten Präsidiums zu übernehmen und dementsprechend gemeinsam mit diesem zurückzutreten. Stattdessen macht das Board genauso weiter wie zuvor. Einzig die Personalpolitik scheint noch schlechter geworden zu sein. Von Seiten der Medien wurde Rosell übrigens noch Einflussname auf Bartomeu nachgesagt, was jetzt auch nicht weiter überraschend wäre, wie ich finde.

Es wäre niveaulos, Bartomeu persönliche Interessen am Paulinho-Transfer zu unterstellen. Das steht mir bei meinem Kenntnisstand nicht zu. Dennoch suche ich eine sportliche Erklärung bis heute vergeblich. Selbiges gilt für den Douglas-Transfer. Hier wurde oft von den dubiosen Scouting-Tätigkeiten von Neymars Vater geredet, der vom Präsidium in Form von Bonuszahlungen in der Vergangenheit reichlich entlohnt worden sein soll. Die Zahlungen an seine Firma warfen im Zusammenhang mit dem Transfer seines Sohnes mehrere Fragen auf. Bis heute ist dieser Transfer nicht lückenlos aufgeklärt und für viele Fans noch ein Rätsel und das, obwohl Neymar mittlerweile schon bei Paris spielt.

Fazit

Um zu einem Abschluss zu kommen: Die soeben aufgezählten sind die meiner Meinung nach größten Missstände unter diesem Präsidium, das Barças Werte seit Jahren mit Füßen tritt. Es gibt für mich nur eine Lösung und zwar den sofortigen Rücktritt.

Daher möchte ich an dieser Stelle offen und respektvoll dieses Anliegen an den Präsidenten des Clubs äußern: Herr Bartomeu, bitte treten Sie und Ihr gesamtes Präsidium mit sofortiger Wirkung zurück! Das würde meiner Meinung nach von Anstand zeugen. Anstand, an den ich persönlich nach den letzten Jahren nicht mehr glaube. Bitte belehren Sie mich und alle anderen Socis und Fans eines Besseren. Visca el Barça!

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