Türchen Nr. 11 – Fußball und Bürgerkrieg

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Und schon sind wir bei Türchen Nr. 11. Nachdem bei unseren letzten Weihnachtsartikeln insbesondere der Spaß im Vordergrund stand, geht es heute um die wohl schwerste Zeit, die der FC Barcelona in seiner langen traditionsreichen Geschichte bewältigen musste. Der Bürgerkrieg in Spanien hielt nur Zerstörung und Leid für die Menschen bereit. Der innigen Verbindung der Katalanen zu ihrem geliebten Fußballverein konnte er aber nichts anhaben.

Der spanische Bürgerkrieg war eine ungemein schwere Zeit für den FC Barcelona. Eine Zeit erfüllt von Leid, Unterdrückung und Missachtung, sowohl für das katalanische Volk als auch den Klub. Der spanische Bürgerkrieg, welcher von Franco geführt und gewonnen wurde, ist an Grausamkeit und Niedertracht nicht zu übertreffen. Genau zu dieser Zeit nimmt der FC Barcelona eine noch nie dagewesen Position für das katalanische Volk ein und gedeiht zum Aushängeschild Kataloniens. Es ist der FC Barcelona, an dem sich die Menschen festhalten und erwärmen, während Franco an der Macht war. Die Bindung zwischen dem Klub und Katalonien wurde unter der Zeit des Franco-Regimes fortan enger und stärker, die Katalanen ließen keinen Zweifel an ihrem Klub aufkommen.

Der FC Barcelona wurde durch die katalanische Regierung in gesellschaftliche, politische und kulturelle Reformen eingeweiht. Aufgrund der starken Popularität des Klubs fühlte er sich verpflichtet, auch in Gefilden aktiv zu werden, welche mit dem Sport in keinem Kontakt stehen – der FC Barcelona engagierte sich auch auf kultureller und politischer Ebene.

Vor dem spanischen Bürgerkrieg ereignete sich bis dato einer der schrecklichsten Ereignisse für den FC Barcelona. Der Gründer, Mentor und die Legende Joan Gamper beging Selbstmord aufgrund persönlicher Probleme. Gamper verstarb im Alter von nur 52 Jahren. Der Tod von Gamper war nur der Anfang einer schweren und harten Ära.

Josep Sunyol – Symbol des Bürgerkriegs

Josep Sunyol, seines Zeichens Präsident des FC Barcelona seit 1935, verreiste am 06. August 1936 in die Gebirgskette Sierrea de Guadarrama, um in Madrid Republikaner anzutreffen, welche Stellung gegen die Faschisten hielten. Zuvor brach der spanische Bürgerkrieg im Juni des Jahres 1936 aus, in dem sich republikanische Fürsprecher und faschistische Rebellen gegenüberstehen.

Es ereignet sich eine Tragödie am gleichen Tag der Abreise. Der aktuelle Präsident des FC Barcelona wird auf seiner Reise von faschistischen Soldaten angehalten, verhört und erschossen. Das Erblassen von Sunyol löst für die Katalanen eine Welle der Aufruhr und der tiefen Betroffenheit aus. Der Tod von Josep Sunyol wurde in der Folgezeit von Katalonien nicht stark hervorgehoben oder präsentiert, denn man wollte keine zusätzliche Aufruhr, die das aktuelle Regime verärgern könnte. Erst nachdem Katalonien die Demokratie erlangt hatte, wurde das Schicksal von Josep Sunyol präsenter.

Willensfreiheit von Katalonien

Lluis Companys wird als Republikaner am 12. April 1931 zum Bürgermeister von Barcelona auserkoren. Die Wahlen und Ergebnisse in Katalonien sind auch in allen anderen Städten Spaniens vorzufinden – die Republikaner siegen in ganz Spanien. Lluis Companys erreicht im ersten Jahr seiner Amtszeit beachtliche Ziele wie zum Beispiel die Generalität, den Autonomiestatus und die Regionalregierung.

In Katalonien gehen die Linksrepublikaner Kataloniens (ERC) 1932 bei den Wahlen innerhalb der Provinz Katalonien als Sieger hervor, welche von Francesc Marciá geführt werden. Als ersten großen Schritt erklärt Marciá die Region Katalonien einstweilen als unabhängig. Späterhin willigt er jedoch dem Modell der katalanischen Unabhängigkeit innerhalb Spaniens ein. Nach dem Tod von Marciá übernahm der Bürgermeister von Barcelona, namentlich Lluis Companys, den Posten als Regierungschef Kataloniens.

In Madrid ereignet sich ein seltsames Szenario. Die vereinigte Rechte setzt sich bei den nächsten Wahlen in Spanien im Parlament durch. Woraufhin der neue Regierungschef von Katalonien, Lluis Companys, zur „spanischen Oktoberrevolution“ aufruft. Der Aufschrei von Companys findet nur wenig Widerhall, die Generalität interveniert das Vorhaben von Companys, indem sie keinen Befehl an die Armee gibt.

Im Gegenzug zur geplanten Revolution entbindet Madrid Katalonien von ihrem Autonomiestatus. Des Weiteren wird die Generalitat der Führer von Katalonien verhaftet. Unter den Gefangenen befindet sich auch der Regierungschef Companys, der mit seinem gesamten Kabinett verhaftet und anschließend zu 30 Jahren Haft verurteilt wird. Im Jahre 1936 laden sich die Spannungen binnen der Rechtspartei und im darauffolgenden Wahljahr geht die Volksfront als Sieger hervor. Im gleichen Atemzug wurden Companys und sein Trupp vorzeitig aus der Haft entlassen und bildeten die Regierung Kataloniens.

Franco-Putsch

Die nächsten Jahre werden überschattet vom Putsch Francos. In Katalonien kam es sogar zu bewaffneten Konflikten. Die Ideologien, welche im Zweiten Weltkrieg aufeinandertrafen, sind ebenso in Spanien vorzufinden, denn die Zeit wurde geprägt vom Kampf zwischen Demokratie und Faschismus. Insbesondere im Fall Katalonien gegen Spanien treffen Vorstellungen aufeinander, die unterschiedlicher und gegensätzlicher nicht hätten sein können. Den Konflikt zwischen Spanien und Katalonien kann man auch anders verbalisieren, hier ein paar Beispiele. Das städtische gegen das ländliche Proletariat, Kapital gegen Grundbesitz, Prätention gegen Selbstbescheidung. Während des Krieges wurden die zwei Lager in Spanien von unterschiedlichen Nationen unterstützt. Die Franquisten bekamen Beihilfe von Hitler und Mussolini, wohingegen die Republikaner von der Sowjetunion unterstützt wurden. Der spanische Krieg dauerte drei Jahre an und forderte 600.000 – 800.000 Menschenleben; das Erschreckende: mehr als die Hälfte der Toten waren Zivilisten. 

Seinen Anfang findet der Krieg in der damaligen Kolonie Spanisch-Marokko. Durch einen Aufstand von Franco gegen die Republikaner in der Kolonie griff dieser auf das Mutterland über. Die Katalanen konnten auf die militärische Unterstützung  der Sowjetunion zählen. Die „Freundschaft“ zwischen Katalonien und der Sowjetunion lag an der Ideologie. Beide Nationen hatten viele Analogien in ihrer Weltanschauung. Natürlich versuchte auch die Sowjetunion manche Prinzipien des Kommunismus in Europa aufrechtzuerhalten, somit waren Katalonien und die Sowjetunion „Alliierte“. Ferner wurde Katalonien von vielen Freiwilligen aus allerlei Nationen (Internationale  Brigade) unterstützt. Auch waren viele internationale und populäre Reporter und Journalisten aufseiten der Katalanen aktiv und sorgten stets für eine seriöse Berichterstattung. Durch die Präsenz der bekannten Reporter war der Bürgerkrieg in Spanien international vertreten.

Fußball und die Ausreise nach Mexiko

Im Jahre 1937, nach den Anfängen des Bürgerkrieges, führte der spanische Fußballverband die Entscheidung herbei, das Hauptquartier in die katalanische Hauptstadt zu verlegen. Im Juni desselben Jahres kommt es zur Entstehung eines separaten Fußballverbandes in den von Franco besetzten Gebieten. Somit existieren nunmehr zwei Ligen in Spanien. Zuweilen spielt der FC Barcelona in einer Art „Mittelmeer-Liga“ mit anderen Klubs aus Spanien, deren Region nicht besetzt wurde. Diese Liga besteht aus den Regionen Katalonien und Valencia.

Der FIFA hingegen liegt nun eine Misere hervor, denn die Satzung sieht vor, je Land nur einen Fußballverband  anzuerkennen. Die FIFA verhält sich in dieser Situation geschickt und spricht keinem der zwei Verbände die Anerkennung zu. Dies sollte sich jedoch ändern. Nach dem Spanischen Bürgerkrieg stellte sich der italienische Vertreter im Exekutivkomitee der FIFA, namentlich Giovanni Mauro, als Faschist heraus – und somit auch als Fürsprecher von Franco.

Vor dem FC Barcelona praktizierte es schon eine Reihe anderer Fußballklubs – sie unternahmen eine Tournee, um einer möglichen politischen Katastrophe zu entweichen. Athletic Bilbao verlässt ebenso das Land, nachdem Franco zu Beginn des Krieges das Baskenland einnahm. Schlussendlich setzte sich der Großteil von Athletic Bilbao in Mexiko nieder und unterstützte den mexikanischen Fußball. Insbesondere zu Zeiten des Franco-Regimes machte sich der FC Barcelona diese Idee ebenfalls zunutze, um der heiklen Inlandssituation zu entkommen. Mit der „Flucht“ entzieht sich der FC Barcelona den Spannungen im Inland und kann somit nach Schutz in anderen Gegenden suchen. Der katalanische Klub begab sich auf die „Reise“.  Als allererstes ließ sich Barça in Mexiko nieder, anschließend in New York und zuletzt wieder in Mexiko. Wie auch schon bei Bilbao blieben der Großteil der Spieler in Mexiko.

„Francos Barça“

Im Januar 1939 ist es nun soweit, die Truppen von Franco nehmen Katalonien ein. Mit Beginn der Repression des katalanischen Volkes durch Franco flüchten 450.000 Republikaner aus Katalonien in das Nachbarland Frankreich. Zu Zeiten von Francos Herrschaft nimmt dieses eine ungewöhnlich zentrale Rolle ein. Im Jahr 1941 trifft es dann den FC Barcelona. Franco, als überzeugter Spanier und Anti-Katalane, leitet erste Schritte zur „Entkatalanisierung“ des FC Barcelona ein. Er ändert am 15. Januar den Namen Futbol Club Barcelona in Clúb de Fútbol um, weil die katalanische Schreibweise und Sprache von Franco nicht toleriert wurde. Dieser Schritt wird von vielen Fußballkennern der heutigen Zeit als große Erniedrigung angesehen. Eine weitere Änderung betrifft das Wappen. Aus ursprünglich acht Streifen (je vier gelbe und rote) wurden vier Streifen (je zwei gelbe und rote). Das Motiv hinter dieser Änderung ist die Akklimatisierung der katalanischen Flagge an die spanische Flagge. Offizielle Ansagen des FC Barcelona folgen nunmehr in Spanisch. Als weitere Sanktion sieht Franco vor, die Mitgliederliste von der Polizei kontrollieren zu lassen. Für den FC Barcelona war es eine Sitte, nach jedem Pokalgewinn zur „Schwarzen Madonna“ zu pilgern. Auch bei diesem Vorhaben wurden Veränderungen vorgenommen. So durfte der katalanische Klub nur noch bei einem Gewinn der spanischen Meisterschaft zur „Schwarzen Madonna“ fahren. Als Transportmittel hierzu dienten Busse, Züge oder Privatautos. Ferner durfte diese Veranstaltung nicht den Anschein einer Demonstration haben. Um diese Gefahr vorzubeugen, verordnete man zwischen den einzelnen Fahrzeugen auf dem Weg zur „Schwarzen Madonna“ eine Distanz von je zwei Kilometern.

Sämtliche Spieler des FC Barcelona flüchteten ins Exil, nach der Rückkehr wurde ihnen die Reintegration in das erste Team erschwert. Zur gleichen Zeit ist Enrique Pineyro Präsident des FC Barcelona. Das skurrile an seinem Präsidentendasein ist, dass Pineyro in seinem Leben vor der Präsidentschaft keinerlei Verbindungen oder Gemeinsamkeiten mit dem FC Barcelona hatte. Das ist auf eine Anweisung von Franco zurückzuführen; er hat entschieden, seine Freunde und Verbündete zu Präsidenten zu ernennen. Es wurde nur derjenige Präsident, welcher von Franco auserkoren worden ist. Die restliche Besetzung des Vorstandes bestand ausschließlich aus langjährigen FC Barcelona-Anhängern. Pineyro genehmigte und versprach den aus dem Exil tretenden Spieler eine schnellere Rückkehr, als es bisher möglich war. Es war interessant zu beobachten, dass sich Francos Präsidenten für den FC Barcelona nur schwer durchsetzen konnten oder durch den restlichen Vorstand eingesehen haben, dass das Verhalten von Franco falsch und inakzeptabel ist; diese Einsicht und Erkenntnis wurde in der Madrider Zentralgewalt nicht toleriert und somit mussten die Präsidenten des FC Barcelona ein Gemisch aus Härte und Kompromiss finden, um Franco nicht negativ aufzufallen.

Francos Herrschaft währte bis zum Jahre 1975. Unter ihm durchlebte der FC Barcelona und Katalonien eine harte und schwere Zeit, aber währenddessen wurde die Bindung zwischen dem Klub und dem katalanischen Volk immer enger. Diese Verbindung konnte von nichts, nicht einmal dem schrecklichen Führer Franco zerstört werden.

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