FC Barcelona – RCD Mallorca 29.10.2011

StartLa LigaFC Barcelona - RCD Mallorca 29.10.2011
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„Innehalten ist die Kunst, stillstehend Fortschritte zu erzielen.“ Alle Augen waren gebannt auf ihn gerichtet. Selbstzweifel und Ängste begleiteten ihn in jenem Moment, als es darum ging,

das Selbstwertgefühl neu zu definieren und mit dem Vergangenen endgültig abzuschließen. Mut, Entschlossenheit und ein großes Herz halfen dabei, diese Situation zu 

bewältigen. Es sind die letzten Sekunden vor dem Vollzug des Elfmeters, die wie eine Ewigkeit erscheinen, die letzten zwei Meter, welche dem Körper mehr abverlangen als die letzten zwei Kilometer. Im Augenblick des Schusses setzt die Atmung aus, der Herzschlag verlangsamt sich, der Körper wirkt wie fremdgesteuert, ein surreales Erlebnis. Für den Bruchteil einer Sekunde flackert ein Bild auf vor dem geistigen Auge, hervorgeholt von dem Unterbewusstsein, ein Déjà-vu? Ein Augenzwinkern später die Erleichterung: Die Erinnerung stimmt nicht mit dem Geschehenen überein. Eine große Last fällt von ihm herab. Die Atmung setzt wieder ein, und er fühlt, dass er noch am Leben ist. Ja, mehr noch, er ist lebendiger denn je.

Messi’s mentale Stärke

Bereits nach 30 Minuten hat Messi seiner beeindruckenden Statistik einen weiteren Hattrick zugewendet. Die drei Tore am gestrigen Abend hatten jedoch mehr als nur einen statistischen Wert. Sie stellten vielmehr einen Befreiungsschlag nach den letzten zwei, drei glücklosen Spielen dar und lieferten die Erkenntnis, dass man mit Vorurteilen im Hinblick auf Messi’s fußballerische Zukunft sehr vorsichtig sein sollte. Sein Stern wird, so sehr sich das manch einer auch wünschen mag, nicht so schnell verglühen. Deutlicher kann ein Spieler seine Kritiker nicht in die Schranken weisen. Doch die Frage ist, wie es zu dieser plötzlichen Leistungsexplosion, sofern man die beiden letzten Spieltage als Maßstab nimmt, gekommen ist. Die Antwort auf diese Frage wird man auf dem Platz nicht finden. Sein Wirken auf dem Feld gibt uns aber Anhaltspunkte dafür, was sich seit dem letzten Spiel verändert haben muss. Im Vergleich zum Spiel gegen Sevilla und Granada war Messi wie ausgewechselt. Er war stets geistesgegenwärtig, sein Antritt war explosiv und seine Dribblings ein Genuss. Hinzu kam ein sehr gutes Auge für die Mitspieler, das ihm, wenn Villa nicht so verspielt gewesen wäre, zu Assists hätten verhelfen können. Es war nicht zu übersehen, dass sich seine Haltung und seine Einstellung grundlegend verändert haben. Die geistige Frische und die mentale Gelassenheit, die ihn in der Vergangenheit immer ausgezeichnet haben, waren auf einmal wieder vorhanden. Dies ist zum einen sicherlich darauf zurückzuführen, dass seine Teamkameraden ihm im Verlauf der Woche das Vertrauen ausgesprochen und ihn so wieder aufgebaut haben. Cesc Fabregas ist sogar in der Öffentlichkeit auf die Personalie Messi eingegangen und hat ihn in Schutz genommen und den Rücken gestärkt. Im Hintergrund gab es gewiss noch weitere Gespräche, welche zu seiner mentalen Rehabilitation beitrugen. Man hatte nach dem Spiel gegen Granada durchaus den Eindruck, dass Messi von seiner erschreckend schwachen Vorstellung beeinflusst und beeindruckt war. Sein Gesicht drückte Niedergeschlagenheit aus, obgleich man das Spiel für sich entscheiden konnte. Ein weiterer Punkt ist sicherlich, dass Messi mit Bestimmtheit in sich gekehrt ist und es ihm gelungen ist, die Vorgänge der Woche hinter sich zu lassen und mit ihnen abzuschließen. Die Fähigkeit, auch nach schlechten Spielen nach vorne zu blicken und neue Angriffslust zu entwickeln, zeichnet einen Spieler von Weltklasseformat aus. Wenn er einen Monat lang einem verschossenen Elfmeter nachtrauern würde, wäre er niemals in der Lage, diese Leistungen mit dieser ungeheuren Konstanz abzurufen. Messi hat innegehalten und damit außerhalb des Trainingsplatzes stillstehend Fortschritte erzielt, die er mit physischem Aufwand nie hätte erzielen können. Die mentale Stärke ist ein wichtiger Aspekt für den Erfolg eines Fußballspielers, vielleicht sogar wichtiger als das fußballerische Talent an sich. Wie sonst kann man sich den Umstand erklären, dass so viele Trolle und Holzbeine auf den Fußballfeldern unterwegs sind und uns Woche für Woche mit ihren Einlagen in den Wahnsinn treiben.

4-3-3, 3-4-3 und zurück

Zum Spiel der gesamten Mannschaft lässt sich sagen, dass es an Schnelligkeit hinzugewonnen hat. Auch wenn die tollen schnellen Kombinationen auch dadurch begünstigt waren, dass Mallorca mitunter mit fünf bis sechs Spielern Angriffe vortragen wollte und so die nötigen Freiräume entstanden sind, kann man festhalten, dass der FC Barcelona redlich bemüht war, das Spieltempo im Verhältnis zum Spiel gegen Sevilla und Granada deutlich zu erhöhen – und dies ist ihnen auch sehr gut gelungen. Die interessanteste Beobachtung des gestrigen Abends war jedoch der strategische Einsatz des Spielers Adriano. Dieser Spieler verfügt über sehr gute Defensiv- und Offensivqualitäten, was Guardiola nach eigener Bekundung in der Pressekonferenz nach dem Spiel in die Lage versetzt, das System auch während des Spiels ohne größere Anpassungsschwierigkeiten von einem 4-3-3 auf ein 3-4-3 umzustellen und umgekehrt. Langsam wird ersichtlich, worauf Guardiola diese Saison hinaus möchte. Er möchte das Spiel des FC Barcelona für den Gegner noch unberechenbarer machen. Es besteht zwar noch Verbesserungsbedarf bei der Umsetzung des Vorteils, der aus diesem Schachzug resultiert, namentlich einer plötzlichen und für den Gegner schwer zu antizipierenden Überzahlsituation auf dem linken Flügel. Diese Option des FC Barcelona dürfte Mourinho dennoch mit Blick auf das Classico im Dezember einige Kopfzerbrechen bereiten.

Mit Flügelspiel zum Erfolg

Besonders hervorgetan haben sich gestern im Spiel Adriano, Cuenca, Alves, Busquets und Messi. Adriano und Cuenca haben immer wieder auf den Flügeln richtig Druck gemacht und so drei Tore eingeleitet. Schön zu sehen war auch, dass Cuenca und Adriano auch mal Bälle „ins Blaue hinein“ in den Strafraum spielten und nicht immer versuchten, den Ball direkt an den Mann zu bringen. Bei Guardiola  hat sich wohl endlich auch die Erkenntnis durchgesetzt, dass es keinen Sinn macht, bei dicht im Strafraum positionieren Gegnern zielgerichtet nach dem Mitspieler zu suchen. Und dieses Umdenken hat auch für einige gute Tormöglichkeiten gesorgt. „Das Gesetz der großen Zahl(an Hereingaben)“ sorgt zwangsläufig für Gefahr. Busquets‘ Hereinnahme hat Stabilität in die Mannschaft gebracht. Er ist ein enorm wichtiger Spieler für die Mannschaft und damit ein unverzichtbarer Bestandteil. Alves zeigte auch ein klasse Spiel. Er konnte sich oft in die Offensive einschalten, weil er hinten nicht gefordert war. Interessanter für die Bestimmung des gegenwärtigen Leistungspotenzials von Alves sind allerdings jene Spiele, in denen Alves auch hinten gefordert ist. Gelingt es ihm in solchen Spielen dennoch, auch vorne als Anspielstation zu dienen, dann ist das ein besserer Indikator für seine Leistung, weil es ihm gelungen ist, seinen Gegenspieler sein Spiel aufzuzwingen und nicht umgekehrt. Auch die übrigen Spieler von FC Barcelona haben ihre Aufgabe mit Hingabe erfüllt. Lediglich David Villa wirkte ein wenig gehemmt, zuweilen aber auch zu verspielt vor dem Tor. Er hat allerdings diese Saison seinen Torhunger und seine Angriffslust bereits unter Beweis gestellt, sodass das Spiel gegen Mallorca getrost als ein schlechter Tag für ihn gewertet werden kann. Bereits am Dienstag bekommt er wieder die Gelegenheit, sich von seiner besten Seite zu präsentieren. Dann werden wohl auch die geschonten Mittelfeldstars Xavi, Iniesta und Fabregas wieder mitwirken dürfen.  Visca el Barça!

 

Raphael L.

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