Getafe – FC Barcelona 26.11.2011

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Der richtige Umgang mit Enttäuschungen ist besonders wichtig, wenn es darum geht, das innere olympische Feuer aufrecht zu erhalten. Die Verlockung ist groß, sich dem Selbstmitleid hinzugeben

und das Feuer, das zu einem kleinen Kerzenlicht verkommen ist, einem Hauch von Zweifel auszusetzen und es so zu ersticken. Es ist der Kampfgeist, der sich gegen die Mut- und Hoffnungslosigkeit stemmt und versucht, ihnen so schnell wie möglich Einhalt zu gebieten. Man muss ihm aber den nötigen Raum geben, damit er seine wohltuende Wirkung entfalten kann. Nur dann kann er die negativen Assoziationen und Empfindungen einer Verwandlung unterziehen, die neue Kampfeslust und mentale Stärke hervorzubringen vermag. Als Sympathisant des FC Barcelona bleibt nur die Hoffnung, dass dieser schöpferische Einfluss von einigem Gewicht sein wird und die Verantwortlichen dazu veranlasst, die richtigen Schlüsse aus der einmal mehr bescheidenen fußballerischen Darbietung zu ziehen. Die Katalanen präsentierten sich zum wiederholten Male in einer gemessen an ihrem Leistungspotenzial erschreckenden Verfassung und sind allem Anschein nach sehr darum bemüht, die Schwäche in Auswärtsspielen zu einem dauerhaften Thema auf ihrer Agenda werden zu lassen. Dabei sind Ursachen für diese traurige Entwicklung nur allzu offensichtlich. Es ist darum nicht nachvollziehbar, wieso der FC Barcelona immer mit dem gleichen Spielmuster aufwartet, welches dem Gegner kaum Mühen abverlangt, weil es so überschaubar ist. Pep Guardiola hat sich, so scheint es, in etwas verrannt und ist nicht in der Lage, einen Ausweg aus diesem das Spiel des FC Barcelona hemmenden Labyrinth zu finden.

Kaum Bewegung im Spiel

Als Getafe in der 67. Spielminute das Tor zum Glück weit öffnete, hatte man nicht den Eindruck, als könne der FC Barcelona dieses wieder schließen. Bis zu jener Minute haben die Katalanen nur wenig Rühmliches zustande gebracht. Ihr Fußballspiel war sehr kopflastig und nur wenig produktiv. Dieses kopflastige Spiel ist mittlerweile zu ihrem Erkennungszeichen bei Gastauftritten geworden. Es ist geprägt durch unendlich lange Ballstafetten, die abrupt in einem Ballverlust resultieren, sobald sich der Ball nur zu stark dem gegnerischen Strafraum nähert. Es mangelt Kreativität und Spielwitz, um das dicht gestaffelte Abwehrbollwerk des Gegners mit einem Geniestreich zu überlisten. Die extrem defensive Ausrichtung des Gegners ist, wie das Spiel unter der Woche gegen den AC Milan zum Ausdruck gebracht hat, gleichwohl wenig förderlich für die Entfaltung ihrer spielerischen Möglichkeiten. Aber die Niederlage gestern und die schwachen Auftritte in der Fremde insgesamt an einer defensiven Spielweise des Gegners festzumachen, ist eine eindimensionale Sichtweise, welche wichtige Aspekte außer Acht lässt. Das wäre zum einen die Beobachtung, dass es im Spiel des FC Barcelona an der nötigen Variabilität fehlt. Die Stürmer halten sich überwiegend nebeneinander auf und warten auf den finalen Pass in die Schnittstelle der Abwehr. Dieses Verhalten bringt aber dann nichts, wenn keine Schnittstellen existieren, weil die Gegner die Räume sehr eng machen. Die Stürmer müssen sich in diesen Fällen aus dem Sturmzentrum heraus begeben und den Ball fordern. Gleichzeitig sollte ein Mittelfeldspieler in den Strafraum hineinstechen. Die Spieler müssen also ständig in Bewegung bleiben, ihre Laufwege kreuzen und Laufwege andeuten. Nur so kann man Verwirrung in der gegnerischen Abwehr stiften. Fußball ist ein Spiel, das auf Täuschungen und Irreführungen basiert. Diejenige Mannschaft, der es gelingt, ihre intrinsischen Absichten am besten zu verstecken, gewinnt das Spiel. Natürlich erfordert eine permanente Mobilität eine hohe Laufbereitschaft. Daran fehlte es gestern ebenso. Das Spielverhalten des FC Barcelona erinnerte an den Standfußball der 70er Jahre. Getafe musste nur wenig laufen, weil sie nur wenige Räume zustellen mussten. Man kann aus dem Stand heraus in den seltensten Fällen für Gefahr sorgen. Es ist die Bewegung im Spiel, die beim Gegner einen Knoten in der Defensive bewirkt.

Keine Stammelf

Es fragt sich nun, inwieweit der Trainer Pep Guardiola eine Mitschuld an dieser Entwicklung trägt. Hierbei ist vor allem auf seine unermüdlichen Personalrochaden einzugehen. Seit dieser Saison verfügt der FC Barcelona über keine eindeutige A-Formation mehr. Es wird in jedem Spiel durchgewechselt, ob im Sturm, im Mittelfeld oder in der Abwehr. Dies hat einerseits zu Folge, dass eine Kontinuität in der Leistungserbringung nicht vorhanden ist. Es stimmt zwar, dass alle katalanischen Spieler das Einmaleins des Tiki Taka beherrschen. Das darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es jeweils völlig unterschiedliche Spielerpersönlichkeiten sind mit individuellen Stärken und Schwächen. Der FC Barcelona gewinnt Spiele durch die Genialität seiner Spieler, nicht durch das Kurzpassspiel. Das Kurzpassspiel ist nur ein Instrument, das Genialität leichter entstehen lässt. Die individuelle Klasse der Spiele sorgt für den Rest. Andererseits fehlt es durch die andauernde Rotation an der Feinabstimmung zwischen den Spielern. Das Spiel des FC Barcelona ist kopflastiger und nicht mehr so intuitiv(zumindest bei Gegnern wie Getafe), weil die Spieler zu sehr nachdenken müssen. Es ist leichter, sich auf die Eigenarten von einem Spieler einstellen zu müssen. Bei drei Spielern wird das Unterfangen schon schwieriger. Oftmals erkennt man Details im Spiel des anderen erst nach Jahren der gemeinsamen Koexistenz auf dem Feld.

Sterotypisches Spiel der Katalanen

Weiterhin hat es Guardiola versäumt, das Spiel seiner Mannschaft weiterzuentwickeln. Evolutionen im Spiel sind, bis auf die zeitweilige Umstellung auf ein 3-4-3, nicht ersichtlich. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund, dass nahezu alle gegnerischen Mannschaften eine Wand aus Spielern vor ihrem Strafraum aufstellen, sehr enttäuschend. Der FC Barcelona besitzt ein Spielmuster, von dem sie noch nie abgewichen sind und nach eigener Bekundung nie abweichen werden(Guardiola: „Wir bleiben unserer Spielart treu“). Es fehlen die Stilbrüche im Spiel der Katalanen. Das macht es den Gegnern natürlich einfach, sich auf das Spiel einzustellen. Sie müssen mit keinen unangenehmen Überraschungen rechnen und können sich ausschließlich auf ihr Spiel konzentrieren. Dem FC Barcelona fehlt eine Art Standardrepertoire für bestimmte Spielsituationen. Gegen Getafe wäre es z.B. möglich gewesen, sich zurückzuziehen und den Gegner kommen zu lassen. Bei Ballverlust des Gegners könnte man sodann bilderbuchartige schnelle Konter einleiten, die bei der katalanischen Offensivpower mit Sicherheit zu Toren führen würden. Nach dem Erfolgserlebnis würde einer Anpassung an die gewohnte Spielart nichts im Wege stehen. Zur Stärkung der Defensive sollte dann aber über eine zeitweilige „Doppelsechs“ nachgedacht werden.  Dies ist allerdings nur eine flüchtige Idee, welche jedoch die Notwendigkeit vermittelt, die spielerischen Möglichkeiten und die strategische Intelligenz zu erweitern. Der FC Barcelona verursacht nämlich mit seinem erdrückenden Kurzpassspiel und seinem enormen Ballbesitz in der Hälfte des Gegners einen Rückzug desselben vor den eigenen Strafraum. Damit sind es die Spieler selbst, welche den Raum vor dem Tor eng und sich das Leben schwer machen. Diese dominante Spielweise ist in diesen Fällen kontraproduktiv. Lediglich bei Mannschaften, die geneigt sind, sich auf ein offenes Spiel einzulassen, ist eine überwiegend dominante Herangehensweise empfehlenswert. Ansonsten sind andere Lösungsansätze gefragt. Die Spieler sind auf Weltklasse-Niveau und lernfähig. Guardiola muss nur den Weg weisen.  Visca el Barça!

 

Raphael L.

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