Trügerisches Barça: Die Ergebnisse stimmen, die Leistungen nicht

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Barça hat sich nach dem Auswärtserfolg bei Slavia Prag in der Champions League eine sehr gute Ausgangsposition erarbeitet. In La Liga haben Messi und Co. die Tabellenspitze erobert. Also alles bestens in Barcelona? Mitnichten. Denn die Auftritte des FC Barcelona sind teilweise besorgniserregend.

So langsam schien der FC Barcelona in die Gänge zu kommen. Nach zuletzt vier Siegen in Folge in La Liga und dem zwischenzeitlichen Sieg in der Champions-League gegen Inter Mailand zeigte die Formkurve vermeintlich nach oben. Gegen Slavia Prag folgte nun zwar der sechste Sieg in Serie, doch dieser war jedoch äußert schmeichelhaft. Nur Marc-Andre ter Stegen war es zu verdanken, dass Barcelona sich nicht in Tschechien blamierte.

Nur die Ergebnisse stimmen

Die reinen Ergebnisse vermitteln den Eindruck, dass die Katalanen sich so langsam aber sicher der Topform nähern. Doch das täuscht. Die Siege kommen nur aufgrund unbestrittener individueller Klasse zustande. Barça überzeugt nur selten und nun nicht einmal mehr in seinen Heimspielen. Selbst deutliche Erfolge wie zuletzt in Eibar oder gegen den FC Sevilla täuschen über die spielerischen Defizite der Mannschaft von Trainer Ernesto Valverde hinweg.

Gegen die Andalusier hätte man in Rückstand geraten müssen. In Eibar überließ Barça den Basken nach der frühen Führung den Ball und lauerte auf Konter, was völlig untypisch für das Selbstverständnis der Katalanen ist. Nun findet der Fußball nicht im Konjunktiv statt und Barça kam stets mit einem blauen Auge davon. Aber man verspürt auch im gesamten Umfeld keine Zufriedenheit bei den Culés. In der Champions League hätte Barça nach den bislang absolvierten Partien auch ohne Punkte dastehen können, die Spielverläufe in den drei bisherigen Gruppenspielen hätten dies sicher hergegeben. In jeder der drei Partien sicherte nicht zuletzt Koloss ter Stegen die Punkte.

In Prag schaffte es Barça auf eine kumulierte Laufleistung von 100,4 Kilometer. Der tschechische Meister lief über 15 Kilometer mehr. Nun ist die reine Laufleistung nicht allein ausschlaggebend für die Bewertung einer mannschaftlichen Leistung, doch bestätigt es den Gesamteindruck, der sich dieser Tage vom FC Barcelona zeichnen lässt. Die Tschechen wirkten lauf- und spielfreudiger.

Entwicklung in falsche Richtung

Gegen Slavia Prag gab es nun einen gewaltigen Rückschritt, oder war dies gar kein Rückschritt, sondern vielmehr die Fortsetzung einer steten Entwicklung unter Ernesto Valverde? Kritik an der Spielweise der Katalanen wird schon seit der ersten Saison unter Valverdes Ägide geäußert. Die Mannschaft wirkt insbesondere, aber nicht ausschließlich in Auswärtsspielen ideenlos und uninspiriert. 

Die Erfolge in Spanien sind auch mit der seit nun zwei Jahren anhaltenden Schwäche des Erzrivalen aus Madrid zu erklären. Barça verfügt über eine Mannschaft exzellenter Einzelkönner, doch genau darauf scheint sich die Mannschaft auch in erster Linie zu verlassen. Ein Geistesblitz von Messi wird es schon richten. Zu selten ist wirklich eine Spielidee zu erkennen.

Gerade in Auswärtsspielen gegen tiefstehende und zweikampfstarke Gegner wird reiner Ballbesitzfußball zelebriert ohne jegliche Torgefahr aus dem Kombinationsfußball heraus zu entwickeln. Dass man sich auf den besten Fußballer der Welt verlässt, ist sicher nachvollziehbar. Doch Messi wird nicht jünger und hatte in der noch jungen Saison bisher mit Verletzungen zu kämpfen. Sollte er mit weiteren Spielen seine Form finden, mag dies wieder viele Probleme überdecken. Dass man diesen Spieler nicht ersetzen kann, ist völlig legitim und nachvollziehbar. Doch im extrem teuren Kader der Katalanen befinden sich viele weitere exzellente Fußballer, sodass man spielerisch mehr erwarten darf.   

Schlüsselspieler nicht (mehr) in Form

Gerard Piqué, Sergio Busquets, Luis Suárez und Lionel Messi sind jenseits der 30. Keiner der genannten bringt (zurzeit) die einstige Klasse auf den Platz. Gerade Luis Suárez wirkt wie ein Fremdkörper im Spiel der Katalanen. Zuletzt traf er gegen Inter Mailand und den FC Sevilla spektakulär, doch ansonsten bremst er das Spiel der Katalanen mehr, als das er die Offensive beschleunigt. Stockfehler, Fehlpässe, Missverständnisse prägten nicht zuletzt seinen schwachen Auftritt in Prag.

Da Messi traditionell in der Arbeit gegen den Ball nur sehr dezentes Engagement zeigt, ist ein zweiter Spieler, der am Defensivverhalten nicht teilnimmt, auf Dauer nicht zu verkraften. Bisher kam Antoine Griezmann fast ausschließlich auf dem linken Flügel zum Einsatz. Auf dieser Position ist er schon Jahre – weder in der Nationalmannschaft noch bei Atletico Madrid – nicht mehr zu Hause. Bei der (aktuellen) Form von Suárez sollte Valverde ernsthaft darüber nachdenken, Griezmann in die Sturmspitze zu stellen und einen echten Flügelspieler (Dembélé, Ansu Fati) aufzubieten. Griezmann ist besser im Kombinationsspiel eingebunden und engagierter im Spiel gegen den Ball als Suárez – und kann bei Kontern, wir in der finalen Viertelstunde gegen Slavia, durch mehr Schnelligkeit glänzen als der Uruguayer.

Champions-League-Nachwehen

Trägt Valverde die Hauptverantwortung für diese Entwicklung, oder liegt es an der nachlassenden Qualität der Säulen der Mannschaft? Valverde errang seit seiner Ankunft im Sommer 2017 zweimal die spanische Meisterschaft und einmal die Copa del Rey. In der Champions-League schied Barça jeweils krachend gegen die AS Roma und den FC Liverpool in denkwürdigen Rückspielen aus. Von diesen beiden Niederlagen scheint sich der amtierende Meister bis jetzt nicht richtig erholt zu haben.

Oder waren diese beiden Gegner zu dem Zeitpunkt in der Lage, die beschriebenen Defizite der Katalanen schonungslos zu offenbaren, wozu nun aktuell auch vermeintlich schwächere Gegner in der Lage sind? Oder ist alles doch nur eine Momentaufnahme? Die nächsten Wochen und Monate werden Antworten liefern.  

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